Donnerstag, 24.April 2025
StartMaßnahmenNeurologieErgotherapie bei Epilepsie: Wie sie den Alltag erleichtert und Sicherheit fördert

Ergotherapie bei Epilepsie: Wie sie den Alltag erleichtert und Sicherheit fördert

Ergotherapie bei Epilepsie: Wie sie den Alltag erleichtert und Sicherheit fördert

Geschätzte Lesezeit: 10 Minuten

Key Takeaways

  • Ergotherapie ist eine zentrale Maßnahme zur Unterstützung von Menschen mit Epilepsie im Alltag.
  • Sie zielt darauf ab, die individuelle Handlungsfähigkeit, Sicherheit und Lebensqualität zu fördern.
  • Wichtige Schwerpunkte sind die Alltagsbewältigung und -strukturierung, Anfallprävention, das Sicherheitsmanagement sowie die Förderung kognitiver und motorischer Fähigkeiten.
  • Umfassende Beratung und Psychoedukation für Betroffene und ihr Umfeld sind ebenfalls zentrale Bestandteile.
  • Die Therapie wird individuell angepasst und erfolgt oft in interdisziplinärer Zusammenarbeit.

Inhaltsverzeichnis

Einleitung: Ergotherapie Epilepsie als Schlüssel zur Alltagsbewältigung

Die Diagnose Epilepsie stellt Betroffene und ihr Umfeld vor vielfältige Herausforderungen. Unsicherheit im Alltag, die Sorge vor dem nächsten Anfall und mögliche Einschränkungen in Beruf, Freizeit oder sozialen Kontakten können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. In diesem Kontext erweist sich die Ergotherapie als eine zentrale und äußerst wirksame unterstützende Maßnahme. Ergotherapie Epilepsie ist weit mehr als nur eine Begleittherapie; sie ist ein wesentlicher Baustein, um Menschen mit dieser komplexen neurologischen Erkrankung zu helfen, ihren Alltag aktiver, sicherer und selbstbestimmter zu gestalten.

Das übergeordnete Ziel der Ergotherapie bei Epilepsie ist die Förderung der individuellen Handlungsfähigkeit und die nachhaltige Verbesserung der Lebensqualität und Sicherheit der Betroffenen im täglichen Leben. Sie setzt genau dort an, wo die Erkrankung den Alltag beeinflusst, und bietet maßgeschneiderte Lösungen. Dieser Artikel beleuchtet detailliert, wie Ergotherapie konkret im Alltag von Menschen mit Epilepsie unterstützt, wie sie zur Anfallprävention beiträgt und welche individuellen Förderungsmöglichkeiten sie bietet, um ein möglichst uneingeschränktes Leben zu ermöglichen.

Was ist Epilepsie? Ein kurzer Überblick über die neurologische Erkrankung im Alltag

Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung des Gehirns, die durch das wiederholte Auftreten von unprovozierten epileptischen Anfällen gekennzeichnet ist. Solche Anfälle entstehen durch plötzliche, synchrone und übermäßige elektrische Entladungen von Nervenzellverbänden im Gehirn. Diese vorübergehenden Funktionsstörungen können sich auf vielfältige Weise äußern.

Es ist entscheidend zu verstehen, dass Epilepsie kein einheitliches Krankheitsbild darstellt. Vielmehr gibt es eine große Bandbreite an Epilepsieformen und Anfallsarten. Die Symptome können von kurzen Aufmerksamkeitsstörungen oder ungewöhnlichen Sinneswahrnehmungen (sensorische Anfälle) über unkontrollierte Zuckungen einzelner Muskelgruppen bis hin zu komplexen Handlungsabläufen oder generalisierten Krampfanfällen mit Bewusstseinsverlust (motorische und kognitive Anfälle) reichen. Diese individuelle Vielfalt bedeutet auch, dass sich die Epilepsie sehr unterschiedlich auf den Alltag der Betroffenen auswirken kann. Während manche Menschen nur geringe Einschränkungen erfahren, beeinflusst die Erkrankung bei anderen nahezu alle Lebensbereiche. Die neurologischen Ursachen der Anfälle können zudem weitreichende psychosoziale Folgen nach sich ziehen, wie etwa Ängste, soziale Isolation oder Schwierigkeiten in Ausbildung und Beruf.

Warum Ergotherapie bei Epilepsie sinnvoll ist: Neurologische Unterstützung im Alltag

Die Behandlung von Epilepsie erfordert in der Regel einen multimodalen Ansatz, der medikamentöse Therapie, ärztliche Betreuung und psychosoziale Unterstützung umfasst. Innerhalb dieses Behandlungsteams nimmt die Ergotherapie eine wichtige und spezifische Rolle ein. Ergotherapeut:innen arbeiten eng mit anderen Fachdisziplinen zusammen, insbesondere mit Ärzt:innen der Neurologie, aber auch mit Psycholog:innen, Neuropsycholog:innen, Sozialarbeiter:innen und bei Bedarf mit Pädagog:innen oder Arbeitsvermittler:innen. Diese interdisziplinäre Zusammenarbeit ist der Schlüssel für eine umfassende und erfolgreiche Betreuung von Menschen mit Epilepsie.

Das zentrale Anliegen der Ergotherapie bei Epilepsie ist es, die Betroffenen dabei zu unterstützen, trotz der Erkrankung ein Höchstmaß an Selbstständigkeit, Handlungsfähigkeit und Lebensqualität in ihrem persönlichen Alltag zu erreichen und zu erhalten. Es geht darum, die individuellen Fähigkeiten zu stärken und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu fördern.

Der konkrete Nutzen der Ergotherapie manifestiert sich darin, dass sie hilft, potenzielle Risiken im Alltag, die durch die Epilepsie entstehen können, zu identifizieren und zu minimieren. Dies geschieht durch individuell angepasste Strategien zur Alltagsbewältigung, gezieltes Training von Fertigkeiten, Beratung zu Umgebungsanpassungen und spezifische Förderung kognitiver oder motorischer Funktionen. Die Ergotherapie befähigt Menschen mit Epilepsie, aktiv an der Gestaltung ihres Lebens teilzunehmen und Herausforderungen proaktiv zu begegnen.

Schwerpunkte der Ergotherapie bei Epilepsie

Die Ergotherapie bei Epilepsie ist ein klientenzentrierter Prozess, der sich an den individuellen Bedürfnissen, Zielen und Lebensumständen der Betroffenen orientiert. Die therapeutischen Interventionen sind vielfältig und decken verschiedene Bereiche ab, die für ein sicheres und erfülltes Leben mit Epilepsie relevant sind.

1. Alltagsbewältigung und Strukturierung: Förderung durch Ergotherapie bei Epilepsie im Alltag

Ein zentraler Schwerpunkt der Ergotherapie liegt in der Unterstützung bei der Bewältigung alltäglicher Anforderungen. Viele Menschen mit Epilepsie erleben Unsicherheiten oder Schwierigkeiten bei Routineaufgaben, sei es im häuslichen Umfeld, in der Schule, Ausbildung oder am Arbeitsplatz.

  • Analyse der Alltagsprobleme: Zu Beginn der Ergotherapie steht eine genaue Analyse. Gemeinsam mit dem/der Betroffenen identifiziert der/die Ergotherapeut:in, wo konkrete Schwierigkeiten im Alltag aufgrund der Epilepsie oder möglicher Begleiterscheinungen (z.B. Medikamentennebenwirkungen wie Müdigkeit oder Konzentrationsprobleme) bestehen. Dies kann die Haushaltsführung, die Organisation von Terminen, die Mobilität oder die Ausführung beruflicher Tätigkeiten betreffen.
  • Entwicklung von Strategien: Basierend auf dieser Analyse werden individuelle Strategien erarbeitet. Dazu gehört die Entwicklung fester Tagesstrukturen und Routinen, die Sicherheit geben und Überforderung vermeiden können. Bei kognitiven Einschränkungen, wie z.B. Gedächtnisproblemen, können Kompensationsstrategien wie der Einsatz von Checklisten, Kalendern, Erinnerungshilfen (z.B. über Smartphone-Apps) oder visuellen Strukturierungshilfen trainiert werden. Ziel ist die Förderung der Selbstorganisation.
  • Beratung zur Umgebungsanpassung: Die Ergotherapie berät auch bei der Anpassung der physischen Umgebung, um den Alltag zu erleichtern und sicherer zu gestalten. Dies kann die Organisation des Arbeitsplatzes betreffen, um Ablenkungen zu minimieren, oder die sichere Gestaltung von Wohnbereichen wie Küche und Bad (z.B. rutschfeste Unterlagen, sichere Aufbewahrung von gefährlichen Gegenständen, gute Beleuchtung).
  • Praktisches Training von Alltagsfertigkeiten: Ein wichtiger Bestandteil ist das gezielte Praxistraining zur Förderung der Selbstversorgung. Dies kann beispielsweise ein Haushalts- oder Kochtraining umfassen, bei dem unter therapeutischer Anleitung alltagsrelevante Tätigkeiten geübt und Sicherheitsaspekte berücksichtigt werden. Auch das Einüben von Wegen oder der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel kann Teil der Therapie sein, um die Mobilität und Unabhängigkeit im Alltag zu steigern.

Durch diese Maßnahmen trägt die Ergotherapie maßgeblich dazu bei, dass Menschen mit Epilepsie ihren Alltag besser strukturieren, Aufgaben effizienter erledigen und sich in ihrer Umgebung sicherer fühlen können.

2. Anfallprävention und Sicherheitsmanagement: Ergotherapie bei Epilepsie für mehr Alltagssicherheit und gezielte Beratung

Die Angst vor Anfällen und deren möglichen Folgen ist für viele Menschen mit Epilepsie eine große Belastung. Die Ergotherapie spielt eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung von Strategien zur Anfallprävention und beim Management von Sicherheitsrisiken im Alltag.

  • Identifikation individueller Anfallstrigger: Ein erster wichtiger Schritt ist die Unterstützung bei der Identifizierung persönlicher Anfallsauslöser, sogenannter Trigger. Diese können sehr individuell sein und umfassen beispielsweise Stress, Schlafmangel, unregelmäßige Medikamenteneinnahme, bestimmte Lichtreize (visuelle Trigger), hormonelle Schwankungen, Alkoholkonsum oder auch bestimmte Tätigkeiten. Der/die Ergotherapeut:in hilft dabei, Zusammenhänge zwischen Lebensstilfaktoren, Umgebungsbedingungen und dem Auftreten von Anfällen zu erkennen, oft durch das Führen eines Anfallskalenders oder Tagebuchs.
  • Erarbeitung von Präventionsstrategien: Auf Basis der identifizierten Trigger werden gemeinsam individuelle Pläne zur Anfallprävention entwickelt. Dies kann das Erlernen und Anwenden von Stressbewältigungstechniken (z.B. Entspannungsübungen, Achtsamkeitstraining) beinhalten, die Verbesserung der Schlafhygiene (feste Schlafenszeiten, schlaffördernde Rituale), die Einplanung regelmäßiger Ruhepausen im Alltag oder Strategien zur Vermeidung bekannter visueller Trigger. Die Beratung zur konsequenten Medikamenteneinnahme gehört ebenfalls dazu.
  • Sicherheitstraining und Notfallplanung: Die Ergotherapie vermittelt praktisches Wissen und trainiert sicheres Verhalten während und nach einem Anfall. Dazu gehört das Wissen um Schutzmaßnahmen zur Vermeidung von Verletzungen während eines Anfalls (z.B. sich hinlegen, gefährliche Gegenstände entfernen) und das Erlernen der stabilen Seitenlage für den Fall eines generalisierten tonisch-klonischen Anfalls mit Bewusstseinsverlust. Ebenso wichtig ist die Planung von Sicherheitsmaßnahmen für zu Hause (z.B. Polsterung scharfer Kanten an Möbeln, Verwendung bruchsicherer Trinkgefäße, rutschfeste Matten in Bad und Dusche) und für unterwegs (z.B. das ständige Mitführen eines Notfallpasses mit wichtigen Informationen zur Erkrankung und Medikation, Information von Bezugspersonen über das richtige Verhalten im Notfall).
  • Beratung zu Hilfsmitteln: Ergotherapeut:innen informieren und beraten auch über den sinnvollen Einsatz von technischen Hilfsmitteln zur Erhöhung der Sicherheit. Dazu zählen beispielsweise persönliche Notrufsysteme (Hausnotrufknopf, mobile Systeme mit GPS-Ortung), spezielle Sturzhelme zum Schutz des Kopfes bei Sturzanfällen oder auch technische Überwachungssysteme für die Nacht (z.B. Sensormatten oder Kameras), die Angehörige bei nächtlichen Anfällen alarmieren können. Die Beratung erfolgt individuell, abgestimmt auf die Anfallsart, die Lebenssituation und die Bedürfnisse des/der Betroffenen.

Durch diese gezielten Maßnahmen im Bereich Anfallprävention und Sicherheitsmanagement trägt die Ergotherapie entscheidend dazu bei, die Kontrolle über die Erkrankung zu verbessern, Ängste zu reduzieren und die Sicherheit im Alltag von Menschen mit Epilepsie zu erhöhen.

3. Förderung kognitiver und motorischer Fähigkeiten: Gezielte Förderung durch Ergotherapie bei Epilepsie im neurologischen Alltag

Epilepsie selbst, aber auch die zur Behandlung eingesetzten Medikamente (Antikonvulsiva), können bei manchen Betroffenen zu Beeinträchtigungen kognitiver oder motorischer Funktionen führen. Diese können den Alltag zusätzlich erschweren. Die Ergotherapie bietet hier eine spezifische und zielgerichtete Förderung, um diese Fähigkeiten zu verbessern oder Kompensationsstrategien zu erlernen. Sie nutzt dabei Ansätze aus der Neurologie und Neuropsychologie.

  • Gezielte kognitive Förderung: Kognitive Defizite können sich in verschiedenen Bereichen zeigen, wie z.B. bei der Konzentration, der Aufmerksamkeit, dem Gedächtnis (insbesondere dem Arbeitsgedächtnis), der Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit oder den exekutiven Funktionen (Planen, Organisieren, Problemlösen). Die Ergotherapie setzt hier auf:
    • Neuropsychologische Trainingsansätze: Einsatz von spezifischen Übungsprogrammen, oft auch computergestützt (Hirnleistungstraining), zur Verbesserung von Aufmerksamkeit, Konzentration und Gedächtnisleistung.
    • Gedächtnisstrategien: Erlernen und Anwenden von Mnemotechniken und anderen Strategien, um Informationen besser zu speichern und abzurufen.
    • Training der Handlungsplanung: Übungen zur Verbesserung der Fähigkeit, komplexe Aufgaben im Alltag (z.B. Kochen nach Rezept, Planen eines Einkaufs, Organisieren von Arbeitsabläufen) in einzelne Schritte zu zerlegen, zu strukturieren und systematisch abzuarbeiten.
    • Problemlösungsfähigkeiten: Training von Strategien, um Herausforderungen im Alltag strukturiert anzugehen und Lösungswege zu entwickeln.
  • Förderung motorischer Fähigkeiten: Auch motorische Beeinträchtigungen wie Probleme mit der Feinmotorik, der Hand-Auge-Koordination oder der allgemeinen Geschicklichkeit können auftreten. Die Ergotherapie arbeitet hier mit:
    • Feinmotoriktraining: Gezielte Übungen zur Verbesserung der Fingerfertigkeit und Handgeschicklichkeit, z.B. durch Aufgaben wie Schreiben, Zeichnen, Knöpfen von Kleidung, Hantieren mit kleinen Gegenständen oder handwerkliche Tätigkeiten.
    • Koordinationstraining: Übungen zur Verbesserung des Zusammenspiels von Bewegungen und der Körperwahrnehmung.
    • Training der Geschicklichkeit: Aufgaben, die die allgemeine motorische Gewandtheit und Präzision fördern.

Diese Förderung kognitiver und motorischer Fähigkeiten durch die Ergotherapie zielt darauf ab, die Auswirkungen der Epilepsie und ihrer Behandlung auf die Leistungsfähigkeit im Alltag zu minimieren und die Teilhabe in verschiedenen Lebensbereichen wie Ausbildung, Beruf und Freizeitaktivitäten zu unterstützen. Der Bezug zur Neurologie ist hierbei fundamental, da die Therapieansätze auf dem Verständnis der Gehirnfunktionen und deren Beeinflussbarkeit basieren.

4. Beratung und Psychoedukation: Umfassende Beratung durch Ergotherapie bei Epilepsie für den Alltag

Ein weiterer wesentlicher Bestandteil der Ergotherapie bei Epilepsie ist die umfassende Beratung und Psychoedukation. Ziel ist es, sowohl die Betroffenen selbst als auch ihr soziales Umfeld im Umgang mit der Erkrankung zu stärken und zu unterstützen.

  • Patienten-Beratung und Empowerment: Ergotherapeut:innen klären die Patient:innen detailliert über ihre Epilepsie auf, erklären die Zusammenhänge zwischen der Erkrankung, den möglichen Beeinträchtigungen und den Herausforderungen im Alltag. Sie vermitteln Wissen über Anfallsarten, Trigger, Behandlungsmöglichkeiten und Sicherheitsmaßnahmen. Ein zentrales Ziel dieser Beratung ist das Empowerment: Die Betroffenen sollen befähigt werden, ihre Erkrankung besser zu verstehen, aktiv an ihrer Behandlung mitzuwirken und ihre Selbstmanagement-Fähigkeiten zu stärken. Sie lernen, ihre Bedürfnisse zu erkennen, Grenzen zu setzen und proaktiv Strategien für den Alltag zu entwickeln und anzuwenden.
  • Beratung des sozialen Umfelds: Mit dem Einverständnis des/der Betroffenen bezieht die Ergotherapie auch das soziale Umfeld – Angehörige, Partner:innen, Freund:innen, aber auch Lehrkräfte, Ausbilder:innen oder Arbeitgeber:innen – in die Beratung mit ein. Diese Umfeld-Beratung ist oft entscheidend, um Verständnis für die Epilepsie und ihre Auswirkungen auf den Alltag zu schaffen. Sie hilft, Vorurteile, Ängste oder Missverständnisse abzubauen und ein unterstützendes Netzwerk aufzubauen. Angehörige lernen beispielsweise, wie sie im Falle eines Anfalls adäquat reagieren können oder wie sie den/die Betroffene:n im Alltag sinnvoll unterstützen können, ohne ihn/sie zu bevormunden. Am Arbeitsplatz kann die Beratung dazu beitragen, notwendige Anpassungen zu ermöglichen oder über Sicherheitsaspekte aufzuklären.
  • Psychoedukation zur Krankheitsbewältigung: Psychoedukation geht über die reine Informationsvermittlung hinaus. Sie beinhaltet die Vermittlung von Wissen über die Epilepsie in einer Weise, die es den Betroffenen ermöglicht, die Erkrankung emotional und kognitiv zu verarbeiten und effektive Coping-Strategien (Bewältigungsstrategien) für den Alltag zu entwickeln. Dies kann helfen, mit Ängsten umzugehen, das Selbstwertgefühl zu stärken und trotz der Erkrankung eine positive Lebensperspektive zu entwickeln.

Durch die Kombination aus individueller Beratung, Umfeld-Beratung und Psychoedukation leistet die Ergotherapie einen wichtigen Beitrag zur Krankheitsbewältigung und zur Verbesserung der psychosozialen Situation von Menschen mit Epilepsie und ihrem Umfeld. Sie fördert Akzeptanz, Verständnis und einen kompetenten Umgang mit den Herausforderungen des Lebens mit Epilepsie im Alltag.

Der Weg zur Ergotherapie bei Epilepsie: Verordnung, Therapeutensuche und spezialisierte Angebote

Wenn eine Ergotherapie zur Unterstützung bei Epilepsie in Betracht gezogen wird, gibt es einige praktische Aspekte zu beachten.

  • Ärztliche Verordnung: Ergotherapie ist eine anerkannte Heilmittelbehandlung und wird in der Regel von den gesetzlichen und privaten Krankenkassen übernommen. Voraussetzung ist eine ärztliche Verordnung. Diese wird meist vom behandelnden Hausarzt oder Facharzt für Neurologie ausgestellt. Verwendet wird hierfür das Formular „Heilmittelverordnung 13“. Auf der Verordnung werden die Diagnose (z.B. Epilepsie), die Leitsymptomatik (z.B. Einschränkungen der Alltagsbewältigung, kognitive Defizite) und die Therapieziele (z.B. Verbesserung der Selbstständigkeit, Sicherheitsmanagement) angegeben. Die Anzahl der Therapieeinheiten wird ebenfalls vom Arzt festgelegt.
  • Auswahl des/der Ergotherapeut:in: Es ist empfehlenswert, eine:n Ergotherapeut:in oder eine Praxis zu wählen, die über Erfahrung in der Behandlung von Patient:innen mit neurologischen Erkrankungen verfügt. Idealerweise sollte spezifische Expertise im Bereich Epilepsie vorhanden sein. Es kann sinnvoll sein, bei der Therapeutensuche gezielt nach dieser Spezialisierung zu fragen oder sich Empfehlungen vom behandelnden Arzt, aus Selbsthilfegruppen oder von spezialisierten Epilepsie-Beratungsstellen einzuholen. Eine gute therapeutische Beziehung und ein auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnittener Behandlungsplan sind entscheidend für den Erfolg der Ergotherapie.
  • Spezialisierte Einrichtungen und Kliniken: Ergotherapie bei Epilepsie wird nicht nur ambulant in Praxen angeboten, sondern ist oft auch ein integraler Bestandteil der Behandlung in spezialisierten Einrichtungen. Dazu gehören:
    • Epilepsie-Zentren: Diese Zentren bieten eine umfassende Diagnostik und Therapie für Menschen mit schwer behandelbaren Epilepsien. Ergotherapie ist hier Teil eines interdisziplinären Teams und eines komplexen Behandlungsplans.
    • Neurologische Kliniken: Im Rahmen stationärer Aufenthalte, z.B. zur Medikamentenumstellung oder Diagnostik, kann ebenfalls Ergotherapie zur Anwendung kommen.
    • Rehabilitationskliniken: Nach einem schweren Anfall, einer Operation oder bei deutlichen Alltagsbeeinträchtigungen kann eine neurologische Rehabilitation sinnvoll sein, in der Ergotherapie eine zentrale Rolle bei der Wiederherstellung von Fähigkeiten spielt.
  • Schulungsprogramme wie MOSES: Ergänzend zur Einzeltherapie gibt es etablierte, strukturierte Schulungsprogramme für Menschen mit Epilepsie und ihre Angehörigen. Ein bekanntes Beispiel ist MOSES (Modulares Schulungsprogramm Epilepsie). Solche Programme werden oft interdisziplinär durchgeführt und beinhalten häufig auch Module, die von Ergotherapeut:innen geleitet werden oder ergotherapeutische Inhalte vermitteln (z.B. zu Alltagsstrategien, Sicherheitsmanagement, Krankheitsbewältigung). Sie bieten wertvolle Informationen, ermöglichen den Austausch mit anderen Betroffenen und fördern das Selbstmanagement. Die Teilnahme kann eine sinnvolle Ergänzung zur individuellen Ergotherapie sein. Die Beratung zu solchen Programmen kann ebenfalls durch den Arzt oder Therapeuten erfolgen.

Der Zugang zur Ergotherapie ist somit klar geregelt und es gibt verschiedene Settings, in denen diese wichtige Unterstützung für Menschen mit Epilepsie verfügbar ist.

Fazit: Ergotherapie bei Epilepsie – Ein Mehrwert für Alltag, Sicherheit und Lebensqualität

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Ergotherapie eine äußerst wertvolle und oft unverzichtbare Säule in der umfassenden Betreuung von Menschen mit Epilepsie darstellt. Sie bietet weit mehr als nur Beschäftigung; sie ist eine zielgerichtete therapeutische Intervention, die maßgeblich dazu beiträgt, den Alltag der Betroffenen sicherer, strukturierter und selbstbestimmter zu gestalten.

Die Kernpunkte ihres Beitrags umfassen die Verbesserung der Alltagskompetenz durch Analyse von Schwierigkeiten und Entwicklung von Lösungsstrategien, die gezielte Förderung kognitiver und motorischer Fähigkeiten, die für viele Lebensbereiche essenziell sind, sowie die proaktive Arbeit an der Anfallprävention und dem Sicherheitsmanagement. Nicht zu vergessen ist die wichtige Rolle der umfassenden Beratung und Psychoedukation, die sowohl die Patient:innen selbst als auch ihr soziales Umfeld stärkt und zu einem besseren Verständnis und Umgang mit der Epilepsie beiträgt.

Ein entscheidendes Merkmal der Ergotherapie ist ihr individueller Ansatz. Die Maßnahmen werden stets auf die spezifischen Bedürfnisse, Ressourcen, Ziele und Lebensumstände des einzelnen Menschen mit Epilepsie zugeschnitten. Es gibt keine Standardlösung, sondern einen maßgeschneiderten Plan, der gemeinsam erarbeitet und im Therapieverlauf angepasst wird.

Die Diagnose Epilepsie bedeutet nicht zwangsläufig das Ende eines aktiven und erfüllten Lebens. Mit der richtigen medizinischen Behandlung und der passenden Unterstützung, zu der die Ergotherapie Epilepsie einen fundamentalen Beitrag leistet, können Menschen mit dieser neurologischen Erkrankung lernen, Herausforderungen zu meistern, ihre Potenziale zu entfalten und ihre Lebensqualität nachhaltig zu verbessern.

- Advertisment -

Auch interessant