FAQ Ergotherapie: Antworten auf Ihre häufigsten Fragen
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Key Takeaways
- Ergotherapie unterstützt Menschen aller Altersgruppen dabei, ihre Handlungsfähigkeit im Alltag zu verbessern oder zu erhalten, um Selbstständigkeit und Lebensqualität zu fördern.
- Sie wird bei diversen Beeinträchtigungen in Bereichen wie Pädiatrie, Neurologie, Orthopädie, Psychiatrie und Geriatrie eingesetzt.
- Für die Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenkasse ist in der Regel eine ärztliche Verordnung (Heilmittelverordnung 18) erforderlich.
- Die Therapie umfasst eine individuelle Befundung, Zielsetzung und einen aktivitätsorientierten Behandlungsplan mit funktionellem Training, Beratung und ggf. Hilfsmittelanpassung.
- Die Kosten tragen meist Krankenkassen (abzgl. gesetzlicher Zuzahlung), Berufsgenossenschaften (bei Arbeitsunfällen) oder die Patient:innen selbst (als Selbstzahler).
- Ergotherapie konzentriert sich auf die Alltags-Handlungsfähigkeit und Teilhabe, während Physiotherapie primär auf die Wiederherstellung von Körperfunktionen und Beweglichkeit abzielt.
Inhaltsverzeichnis
- Was ist Ergotherapie überhaupt?
- Für wen ist Ergotherapie geeignet?
- Wie bekomme ich Ergotherapie?
- Was passiert in einer Ergotherapie-Sitzung?
- Wie lange dauert eine Ergotherapie-Behandlung und wie häufig sind die Sitzungen?
- Wo findet Ergotherapie statt?
- Was kostet Ergotherapie und wer bezahlt?
- Was ist der Unterschied zwischen Ergotherapie und Physiotherapie?
- Muss ich etwas zur Therapie mitbringen?
- Fazit: Ihr Wegweiser durch die Welt der Ergotherapie
- FAQ-Sektion (Häufige Fragen im Überblick)
Einleitung: Ihr Wegweiser zur Ergotherapie
Viele Menschen haben Fragen, wenn sie zum ersten Mal mit dem Thema Ergotherapie in Berührung kommen, sei es als Patient:in, Angehörige:r, Ärzt:in oder Therapeut:in in Ausbildung. Die Vielfalt der Anwendungsbereiche und Methoden kann zunächst komplex erscheinen. Dieses FAQ Ergotherapie wurde erstellt, um Ihnen Klarheit und verständliche Antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen zu geben. Unser Ziel ist es, Ihnen wichtige Patienteninformationen zu liefern und typische Praxisfragen zu beantworten. Hier finden Sie die häufigsten Fragen und Antworten zur Ergotherapie kompakt und übersichtlich zusammengefasst. Wir klären, was Ergotherapie genau ist, für wen diese Therapieform geeignet ist, wie Sie eine Verordnung erhalten, was Sie in den Therapiesitzungen erwartet, wie lange eine Behandlung dauert, wo sie stattfindet, wer die Kosten übernimmt, worin der Unterschied zur Physiotherapie besteht und was Sie zu Ihren Terminen mitbringen sollten.
Was ist Ergotherapie überhaupt?
Ergotherapie ist eine etablierte, medizinisch-therapeutische Fachdisziplin, die einen ganzheitlichen Ansatz verfolgt. Ihr zentrales Anliegen ist es, Menschen jeden Alters zu unterstützen, die in ihrer Handlungsfähigkeit im Alltag eingeschränkt sind oder bei denen eine solche Einschränkung droht. Das übergeordnete Ziel der Ergotherapie besteht darin, die motorischen, kognitiven, psychischen und sozialen Fähigkeiten der Klient:innen zu fördern, zu erhalten oder wiederherzustellen. Dadurch soll ihnen eine größtmögliche Selbstständigkeit und aktive Teilhabe am täglichen Leben, im Beruf und im sozialen Umfeld ermöglicht sowie eine hohe Lebensqualität gesichert werden.
Die Hauptziele der ergotherapeutischen Behandlung sind somit vielfältig und stets auf die individuellen Bedürfnisse der Patient:innen abgestimmt:
- Verbesserung oder Erhalt der Selbstständigkeit: Dies bezieht sich auf grundlegende Alltagsaktivitäten wie Körperpflege (Waschen, Anziehen), Nahrungsaufnahme, Haushaltsführung oder Mobilität.
- Steigerung der Lebensqualität: Indem Menschen wieder fähig werden, für sie bedeutungsvolle Tätigkeiten auszuführen, steigt oft auch ihr Wohlbefinden und ihre Zufriedenheit.
- Ermöglichung gesellschaftlicher Teilhabe: Ergotherapie unterstützt dabei, soziale Rollen (z.B. als Elternteil, Freund:in, Mitarbeiter:in) wieder aktiv ausfüllen zu können.
- (Wieder-)Eingliederung in Schule und Beruf: Spezifische Trainings und Anpassungen helfen Kindern und Erwachsenen, den Anforderungen in Bildungseinrichtungen oder am Arbeitsplatz gerecht zu werden.
Für wen ist Ergotherapie geeignet?
Grundsätzlich kann Ergotherapie für Menschen aller Altersstufen eine sinnvolle Therapieform sein – vom Säugling bis zum hochbetagten Senior. Die Anwendungsbereiche sind breit gefächert und orientieren sich an den individuellen Bedürfnissen und Beeinträchtigungen der Patient:innen. Hier finden Sie einige wichtige Fachbereiche und Beispiele, in denen Ergotherapie eingesetzt wird, um wertvolle Patienteninformationen zu liefern:
- Pädiatrie (Kinderheilkunde):
- Unterstützung bei Entwicklungsverzögerungen im motorischen, kognitiven oder sozialen Bereich.
- Behandlung von Wahrnehmungsstörungen, insbesondere sensorischen Integrationsstörungen (Schwierigkeiten bei der Verarbeitung von Sinnesreizen).
- Begleitung von Kindern mit Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (AD(H)S).
- Förderung von Kindern im Autismus-Spektrum.
- Training bei motorischer Ungeschicklichkeit (Dyspraxie) oder Koordinationsproblemen.
- Hilfe bei Lernschwierigkeiten, Lese-Rechtschreib-Schwäche (Legasthenie) oder Rechenschwäche (Dyskalkulie), oft in Zusammenarbeit mit anderen Fachdisziplinen.
- Neurologie (Erkrankungen des Nervensystems bei Erwachsenen):
- Rehabilitation nach einem Schlaganfall zur Wiedererlangung verlorener Fähigkeiten.
- Unterstützung bei Multipler Sklerose (MS) zur Bewältigung von Symptomen wie Fatigue, Spastik oder Sensibilitätsstörungen im Alltag.
- Therapie bei Morbus Parkinson zur Verbesserung von Bewegungsabläufen und Feinmotorik.
- Behandlung nach Schädel-Hirn-Traumata zur Wiederherstellung kognitiver und motorischer Funktionen.
- Begleitung von Menschen mit Demenzerkrankungen (z.B. Alzheimer) zur möglichst langen Erhaltung von Alltagsfähigkeiten und kognitiven Ressourcen.
- Orthopädie, Traumatologie und Rheumatologie (Erkrankungen des Bewegungsapparates):
- Nachbehandlung von Handverletzungen oder Operationen an der Hand (z.B. Sehnen-, Nervenverletzungen, Frakturen) zur Wiederherstellung von Greiffunktion und Geschicklichkeit.
- Therapie bei rheumatischen Erkrankungen wie Arthritis oder Arthrose, inklusive Gelenkschutzberatung und Hilfsmittelanpassung zur Schmerzreduktion und Funktionserhaltung.
- Rehabilitation nach Knochenbrüchen, Gelenkersatz oder Amputationen.
- Psychiatrie (Seelische Erkrankungen):
- Unterstützung bei Depressionen zur Verbesserung von Antrieb, Tagesstrukturierung und Selbstwertgefühl.
- Bewältigungsstrategien bei Angststörungen und Panikattacken.
- Begleitung bei Burnout zur Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit und Entwicklung von Stressmanagement-Techniken.
- Therapie bei Suchterkrankungen zur Förderung einer abstinenten Lebensweise und Alltagsbewältigung.
- Unterstützung von Menschen mit Persönlichkeitsstörungen bei der Verbesserung sozialer Kompetenzen und Emotionsregulation.
- Generell zur Verbesserung der Alltagsstrukturierung, psychischen Belastbarkeit und Selbstwahrnehmung.

- Geriatrie (Altersheilkunde):
- Maßnahmen zur Sturzprophylaxe durch Gleichgewichts- und Krafttraining.
- Förderung bei nachlassender Mobilität und körperlicher Fitness.
- Training kognitiver Fähigkeiten (Gedächtnis, Aufmerksamkeit).
- Erhaltung der Selbstständigkeit bei alltäglichen Verrichtungen (z.B. Kochen, Ankleiden) im häuslichen Umfeld, ggf. durch Anpassung der Umgebung oder Hilfsmittelberatung.
Diese Liste ist nicht erschöpfend, zeigt aber die enorme Bandbreite der Ergotherapie. Im Zentrum steht immer der Mensch mit seinen individuellen Zielen und seinem Wunsch nach aktiver Teilhabe am Leben.
Wie bekomme ich Ergotherapie?
Der Zugang zur Ergotherapie ist klar geregelt und eine der häufigsten Praxisfragen. Hier sind die wichtigsten Schritte und Patienteninformationen dazu:
1. Ärztliche Verordnung (Heilmittelverordnung):
Ergotherapie ist ein anerkanntes Heilmittel im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen. Um die Behandlungskosten von Ihrer Krankenkasse erstattet zu bekommen, benötigen Sie in den allermeisten Fällen eine ärztliche Verordnung. Diese wird oft umgangssprachlich als „Rezept“ bezeichnet und trägt die offizielle Bezeichnung „Heilmittelverordnung 18“ (für Ergotherapie).
Ihr Hausarzt oder ein entsprechender Facharzt (z.B. Neurologe, Orthopäde, Kinderarzt, Psychiater, Rheumatologe) stellt diese Verordnung aus, wenn er eine medizinische Notwendigkeit für ergotherapeutische Maßnahmen feststellt. Die Verordnung basiert immer auf einer konkreten ärztlichen Diagnose, die auf dem Rezept vermerkt wird. Der Arzt legt auch die Art der Behandlung (z.B. motorisch-funktionell, sensomotorisch-perzeptiv, psychisch-funktionell, Hirnleistungstraining), die Anzahl der Therapieeinheiten und die Frequenz der Sitzungen fest.
2. Gültigkeit der Verordnung:
Eine Heilmittelverordnung für Ergotherapie ist ab dem Ausstellungsdatum in der Regel 28 Tage gültig. Innerhalb dieses Zeitraums sollte die erste Behandlung stattfinden, ansonsten verliert die Verordnung ihre Gültigkeit. Beginnen Sie also zeitnah mit der Suche nach einer Praxis und der Terminvereinbarung.
3. Option Selbstzahler:
Sie haben auch die Möglichkeit, ergotherapeutische Leistungen ohne ärztliche Verordnung in Anspruch zu nehmen. Dies ist zum Beispiel bei präventiven Angeboten (z.B. Kurse zur Stressbewältigung, Rückenschule mit ergotherapeutischem Fokus) oder dann sinnvoll, wenn keine medizinische Notwendigkeit im Sinne der Krankenkassen vorliegt, Sie aber dennoch von einer Behandlung profitieren möchten. In diesem Fall müssen Sie die Kosten für die Ergotherapie vollständig selbst tragen. Erkundigen Sie sich vorab in der Praxis nach den Preisen für Selbstzahler.
4. Praxiswahl:
Mit Ihrer gültigen ärztlichen Verordnung können Sie eine zugelassene Ergotherapiepraxis Ihrer Wahl aufsuchen. Sie sind nicht an eine bestimmte Praxis gebunden. Es kann sinnvoll sein, sich nach Praxen mit spezifischen Schwerpunkten (z.B. Pädiatrie, Handtherapie, Neurologie) zu erkundigen, die zu Ihrer Diagnose passen. Viele Praxen bieten auch die Möglichkeit eines kurzen telefonischen Vorgesprächs an.
Zusammenfassend ist der wichtigste Schritt zur kassenfinanzierten Ergotherapie der Gang zum Arzt zur Abklärung der Notwendigkeit und Ausstellung einer Heilmittelverordnung.
Was passiert in einer Ergotherapie-Sitzung?
Eine der zentralen Fragen und Antworten zur Ergotherapie betrifft den konkreten Ablauf einer Therapiesitzung. Dieser ist zwar immer individuell auf die Patient:innen zugeschnitten, folgt aber in der Regel einer klaren Struktur:
1. Anamnese und Erstgespräch:
Beim ersten Termin nimmt sich der/die Ergotherapeut:in Zeit, Sie kennenzulernen. Es werden Ihre Krankengeschichte (Anamnese), Ihre aktuellen Beschwerden und vor allem Ihre konkreten Einschränkungen im Alltag besprochen. Ein wichtiger Teil ist auch das Erfragen Ihrer persönlichen Ziele: Was möchten Sie durch die Ergotherapie erreichen? Welche Aktivitäten sind Ihnen wichtig?
2. Ergotherapeutische Befundung:
Um ein genaues Bild Ihrer Fähigkeiten und Schwierigkeiten zu erhalten, führt der/die Therapeut:in eine spezifische Befundung durch. Dies geschieht mithilfe verschiedener Methoden:
- Gezielte Beobachtung: Wie führen Sie bestimmte Bewegungen oder Handlungen aus?
- Standardisierte Tests: Es gibt validierte Testverfahren zur Überprüfung von z.B. Greifkraft, Geschicklichkeit, Gleichgewicht, kognitiven Funktionen (Gedächtnis, Konzentration) oder Wahrnehmungsverarbeitung.
- Spezifische Assessments: Je nach Fachbereich kommen spezielle Beurteilungsinstrumente zum Einsatz.
Die Ergebnisse der Befundung bilden die Grundlage für die weitere Planung.
3. Therapieplanung:
Basierend auf der Anamnese, Ihren Zielen und den Befundergebnissen wird gemeinsam mit Ihnen ein individueller Behandlungsplan erstellt. Darin werden konkrete, messbare und alltagsrelevante Therapieziele festgelegt. Es wird besprochen, welche Methoden und Übungen eingesetzt werden sollen, um diese Ziele zu erreichen.
4. Durchführung der Therapie:
Die eigentlichen Therapiesitzungen sind sehr aktivitätsorientiert. Der/die Therapeut:in wählt aus einer Vielzahl von Methoden die passenden aus:
- Funktionelles Training: Hier werden alltägliche Handlungen direkt geübt, z.B. das An- und Ausziehen, das Zubereiten einer Mahlzeit, das Schreiben, das Binden von Schnürsenkeln oder der Umgang mit Besteck.
- Motorisches Training: Übungen zur Verbesserung der Grob- und Feinmotorik (z.B. Kneten, Steckspiele, Werfen und Fangen), der Koordination, der Muskelkraft und der Beweglichkeit.
- Kognitives Training (Hirnleistungstraining): Gezielte Übungen zur Steigerung von Gedächtnis, Konzentration, Aufmerksamkeit, Planungs- und Problemlösefähigkeiten, oft auch computergestützt.
- Sensorisches Training / Sensorische Integrationstherapie: Spezielle Angebote zur Verbesserung der Verarbeitung von Sinnesreizen (Tasten, Fühlen, Sehen, Hören, Gleichgewicht), besonders wichtig in der Pädiatrie.
- Handwerkliche und gestalterische Techniken: Tätigkeiten wie Malen, Töpfern, Korbflechten oder Holzarbeiten können zur Verbesserung der Feinmotorik, der Konzentration, der Ausdauer oder des emotionalen Ausdrucks eingesetzt werden.
- Beratung und Anleitung: Ein wichtiger Bestandteil ist die Beratung zu Themen wie Selbsthilfe im Alltag, Gelenkschutz (bei rheumatischen Erkrankungen), ergonomische Arbeitsplatzgestaltung, Wohnraumanpassung sowie die Beratung, Erprobung und Anpassung von Hilfsmitteln (z.B. spezielle Stifte, Greifhilfen, Orthesen, Kommunikationshilfen).
5. Evaluation und Anpassung:
Der Therapieverlauf wird regelmäßig überprüft. Erreichen Sie die gesetzten Ziele? Gibt es Fortschritte? Sind Anpassungen im Behandlungsplan notwendig? Dieses Feedbackgespräch stellt sicher, dass die Therapie effektiv bleibt und auf Veränderungen reagiert wird.
Dauer einer Sitzung:
Die Dauer einer einzelnen Ergotherapie-Einheit ist auf der ärztlichen Verordnung festgelegt und beträgt typischerweise zwischen 30 und 60 Minuten. Häufig sind Einheiten von 45 oder 60 Minuten verordnet.
Wie lange dauert eine Ergotherapie-Behandlung und wie häufig sind die Sitzungen?
Die Frage nach der Dauer und Frequenz der Ergotherapie ist für viele Patient:innen relevant. Hierzu wichtige Patienteninformationen:
Gesamtdauer der Behandlung:
Es gibt keine pauschale Antwort auf die Frage, wie lange eine ergotherapeutische Behandlung insgesamt dauert. Die Gesamtdauer ist sehr individuell und hängt von mehreren Faktoren ab:
- Art und Schwere der Diagnose: Komplexere oder chronische Erkrankungen erfordern oft eine längere Behandlungsdauer als akute, leichtere Beeinträchtigungen.
- Individuelle Therapieziele: Je nachdem, welche Ziele erreicht werden sollen, variiert die notwendige Therapiedauer.
- Behandlungsverlauf und Fortschritte: Wie gut der/die Patient:in auf die Therapie anspricht und welche Fortschritte erzielt werden, beeinflusst die Dauer maßgeblich.
- Mitarbeit und Engagement der Patient:innen: Aktive Teilnahme und das Umsetzen von Übungen oder Strategien im Alltag können den Therapieerfolg beschleunigen.
Manche Behandlungen sind nach wenigen Wochen abgeschlossen, andere können sich über mehrere Monate oder in manchen Fällen sogar Jahre erstrecken, insbesondere bei chronischen Erkrankungen oder zur langfristigen Funktionserhaltung.
Verordnungsumfang:
Die ärztliche Heilmittelverordnung für Ergotherapie wird in der Regel für eine bestimmte Anzahl von Therapieeinheiten ausgestellt. Häufig umfasst eine Erstverordnung beispielsweise 10 Einheiten. Stellt der behandelnde Arzt nach Abschluss dieser Einheiten fest, dass weiterhin eine medizinische Notwendigkeit für Ergotherapie besteht und Fortschritte erzielt werden bzw. erreichbare Ziele bestehen, kann er eine Folgeverordnung ausstellen. Die maximale Verordnungsmenge pro Rezept und die Gesamtverordnungsmenge im Regelfall sind in der Heilmittel-Richtlinie festgelegt, aber bei medizinischer Begründung sind auch Verordnungen außerhalb des Regelfalls möglich.
Frequenz der Sitzungen:
Auch die Häufigkeit der Therapietermine pro Woche wird vom Arzt auf der Verordnung festgelegt und orientiert sich am therapeutischen Bedarf. Üblich sind Frequenzen von ein- bis zweimal pro Woche. In intensiveren Rehabilitationsphasen oder bei bestimmten Diagnosen kann die Frequenz vorübergehend auch höher sein. Ziel ist es, eine Kontinuität in der Behandlung sicherzustellen, ohne die Patient:innen zu überfordern.
Die genaue Dauer und Frequenz wird also stets individuell zwischen Arzt, Therapeut:in und Patient:in abgestimmt, basierend auf den medizinischen Erfordernissen und den Therapiezielen.
Wo findet Ergotherapie statt?
Eine häufige Praxisfrage bezieht sich auf die Orte, an denen Ergotherapie durchgeführt wird. Die Behandlung kann in verschiedenen Settings stattfinden, je nach Bedarf und den Umständen der Patient:innen:
- In der Ergotherapiepraxis: Dies ist der häufigste Ort für ambulante ergotherapeutische Behandlungen. Praxen sind speziell ausgestattet mit Therapiematerialien, Werkräumen, Bewegungsräumen und Behandlungsliegen, um ein breites Spektrum an Methoden anbieten zu können. Patient:innen kommen zu vereinbarten Terminen in die Praxis.
- Als Hausbesuch: Wenn Patient:innen aus medizinischen Gründen nicht in der Lage sind, die Praxis aufzusuchen, kann Ergotherapie auch als Hausbesuch stattfinden. Dies ist zum Beispiel bei Bettlägerigkeit, stark eingeschränkter Mobilität oder bestimmten neurologischen Erkrankungen der Fall. Der Arzt muss den Hausbesuch explizit auf der Heilmittelverordnung vermerken („Hausbesuch: Ja“). Die Therapie findet dann in der vertrauten häuslichen Umgebung der Patient:innen statt. Dies hat den Vorteil, dass Alltagsaktivitäten direkt im gewohnten Umfeld geübt und angepasst werden können (z.B. Training in der eigenen Küche, Anpassung des Badezimmers).
- In Institutionen: Ergotherapie ist auch ein fester Bestandteil des therapeutischen Angebots in vielen Einrichtungen. Dazu gehören:
- Krankenhäuser: Sowohl auf Akutstationen als auch in der Frührehabilitation.
- Rehabilitationskliniken: Insbesondere in der neurologischen, orthopädischen, kardiologischen oder geriatrischen Rehabilitation.
- Psychiatrische Kliniken und Tageskliniken: Als Teil des multimodalen Behandlungskonzepts.
- Senioren- und Pflegeheime: Zur Förderung der Alltagsfähigkeiten und Lebensqualität der Bewohner:innen.
- Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM): Zur Förderung beruflicher Fähigkeiten und Teilhabe am Arbeitsleben.
- Schulen und Förderschulen: Zur Unterstützung von Kindern mit Lern- oder Entwicklungsbeeinträchtigungen.
- Kindergärten und Kindertagesstätten: Im Rahmen der Frühförderung oder bei integrativem Bedarf.
- Frühförderstellen: Für Säuglinge und Kleinkinder mit Entwicklungsrisiken oder -verzögerungen.
Die Wahl des Behandlungsortes richtet sich also nach der medizinischen Notwendigkeit, der Lebenssituation der Patient:innen und der Art der Einrichtung, in der sie sich befinden.
Was kostet Ergotherapie und wer bezahlt?
Die Kostenfrage ist eine der wichtigsten Praxisfragen und relevant für Patienteninformationen zur Ergotherapie. Die Finanzierung hängt maßgeblich von Ihrem Versicherungsstatus und der Art der Inanspruchnahme ab:
1. Gesetzliche Krankenversicherung (GKV):
Wenn eine ärztliche Verordnung (Heilmittelverordnung) aufgrund einer medizinischen Notwendigkeit vorliegt, ist Ergotherapie eine Leistung der gesetzlichen Krankenkassen. Die Kassen übernehmen die Kosten für die verordneten Therapieeinheiten. Die Abrechnung erfolgt in der Regel direkt zwischen der Ergotherapiepraxis und der Krankenkasse.
2. Gesetzliche Zuzahlung (GKV):
Patient:innen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und nicht von der Zuzahlung befreit sind, müssen eine gesetzliche Zuzahlung leisten. Diese setzt sich zusammen aus:
- 10 % der Kosten pro Therapieeinheit: Der genaue Betrag hängt vom jeweiligen Preis ab, den die Krankenkasse für die Leistung zahlt.
- 10 Euro Rezeptgebühr pro Verordnung: Diese Gebühr fällt einmal pro ärztlicher Verordnung an, unabhängig von der Anzahl der Sitzungen.
Die Zuzahlung wird direkt in der Ergotherapiepraxis bezahlt.
3. Zuzahlungsbefreiung (GKV):
Es gibt Möglichkeiten, sich von den gesetzlichen Zuzahlungen befreien zu lassen:
- Kinder und Jugendliche: Personen unter 18 Jahren sind generell von allen Zuzahlungen für Heilmittel befreit.
- Erwachsene (Belastungsgrenze): Erwachsene können bei ihrer Krankenkasse eine Zuzahlungsbefreiung beantragen, wenn ihre geleisteten Zuzahlungen innerhalb eines Kalenderjahres eine bestimmte Grenze überschreiten. Diese Belastungsgrenze liegt bei 2 % der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt. Für chronisch kranke Menschen, die wegen derselben schwerwiegenden Krankheit in Dauerbehandlung sind, gilt eine reduzierte Belastungsgrenze von 1 % der jährlichen Bruttoeinnahmen. Es ist ratsam, alle Zuzahlungsbelege zu sammeln und bei Erreichen der Grenze den Antrag auf Befreiung bei der Krankenkasse zu stellen. Viele Kassen bieten auch die Möglichkeit einer Vorauszahlung des Grenzbetrags zu Jahresbeginn an.
4. Private Krankenversicherung (PKV):
Bei privat versicherten Patient:innen hängt die Kostenübernahme für Ergotherapie vom individuell abgeschlossenen Versicherungsvertrag ab. Die Tarife können sich erheblich unterscheiden. Es ist dringend zu empfehlen, vor Beginn der Therapie die genauen Bedingungen und den Umfang der Kostenübernahme mit der privaten Krankenversicherung zu klären. In der Regel erhalten Privatpatient:innen eine Rechnung von der Ergotherapiepraxis, die sie dann bei ihrer Versicherung zur Erstattung einreichen.
5. Berufsgenossenschaften (BG) und Unfallkassen:
Findet die Ergotherapie aufgrund eines Arbeitsunfalls, eines Wegeunfalls oder einer Berufskrankheit statt, übernehmen die zuständigen Berufsgenossenschaften oder Unfallkassen die vollen Kosten. Eine Zuzahlung durch die Patient:innen entfällt hierbei.
6. Selbstzahler:
Wenn Sie Ergotherapie ohne ärztliche Verordnung in Anspruch nehmen (z.B. für Präventionskurse, Wellness-Angebote oder wenn keine medizinische Indikation im Sinne der GKV vorliegt), müssen Sie die Kosten vollständig selbst tragen. Die Preise für Selbstzahlerleistungen können von Praxis zu Praxis variieren. Es ist wichtig, die Kosten vor Behandlungsbeginn direkt mit der Praxis zu klären.
Was ist der Unterschied zwischen Ergotherapie und Physiotherapie?
Diese Frage gehört zu den häufigsten Fragen und Antworten im Therapiebereich, da Ergotherapie und Physiotherapie oft verwechselt oder gleichgesetzt werden. Obwohl beide anerkannte Heilmittel sind und oft interdisziplinär zusammenarbeiten, haben sie unterschiedliche Schwerpunkte und Zielsetzungen:
Ergotherapie:
- Fokus: Der Kern der Ergotherapie liegt auf der Handlungsfähigkeit im Alltag. Das Ziel ist es, Patient:innen zu befähigen, für sie bedeutungsvolle Tätigkeiten in ihren Lebensbereichen wieder oder besser ausführen zu können. Diese Lebensbereiche umfassen:
- Selbstversorgung: z.B. Körperpflege, Ankleiden, Essen, Trinken, Toilettengang.
- Produktivität: z.B. Aufgaben in Beruf, Schule, Ausbildung oder Haushalt bewältigen.
- Freizeit: z.B. Hobbys nachgehen, soziale Kontakte pflegen, spielen (bei Kindern).
- Ansatz: Ergotherapie arbeitet ganzheitlich und aktivitätsorientiert. Sie betrachtet den Menschen in seiner Umwelt und nutzt alltägliche oder angepasste Aktivitäten als therapeutisches Mittel. Es geht darum, wie eine Handlung ausgeführt wird und wie diese verbessert oder angepasst werden kann, um Teilhabe zu ermöglichen. Dabei werden motorische, kognitive, psychische und soziale Aspekte gleichermaßen berücksichtigt. Methoden umfassen z.B. Funktionstraining, Hirnleistungstraining, handwerkliche Techniken, Hilfsmittelberatung und Umfeldanpassung.
Physiotherapie (früher Krankengymnastik):
- Fokus: Die Physiotherapie konzentriert sich primär auf die Bewegungs- und Funktionsfähigkeit des Körpers. Ihr Ziel ist die Wiederherstellung, Verbesserung oder der Erhalt von körperlichen Funktionen, oft im Zusammenhang mit dem Bewegungsapparat (Muskeln, Gelenke, Knochen, Sehnen, Bänder) oder dem Nervensystem. Häufige Ziele sind:
- Schmerzlinderung.
- Verbesserung der Beweglichkeit von Gelenken.
- Steigerung von Muskelkraft und Ausdauer.
- Verbesserung von Koordination und Gleichgewicht.
- Beeinflussung der Atmung oder des Herz-Kreislauf-Systems.
- Ansatz: Physiotherapie arbeitet hauptsächlich körperbezogen. Sie nutzt passive Maßnahmen (z.B. Massagen, Manuelle Therapie, Wärme-/Kälteanwendungen, Elektrotherapie) und aktive Bewegungsübungen (Krankengymnastik), um physiologische Prozesse im Körper zu beeinflussen und Funktionsstörungen zu beheben oder zu lindern.
Zusammenarbeit:
Obwohl die Schwerpunkte unterschiedlich sind, gibt es Überschneidungen, und beide Therapieformen ergänzen sich häufig. Bei vielen Krankheitsbildern (z.B. nach Schlaganfall, bei Multipler Sklerose, nach orthopädischen Operationen) arbeiten Ergo- und Physiotherapeut:innen eng im Team zusammen, um ein bestmögliches Rehabilitationsergebnis für die Patient:innen zu erzielen. Die Physiotherapie stellt vielleicht die Beweglichkeit eines Arms wieder her, während die Ergotherapie übt, diesen Arm funktionell im Alltag einzusetzen, z.B. beim Kämmen oder Essen.
Muss ich etwas zur Therapie mitbringen?
Ja, für Ihre Termine in der Ergotherapie, insbesondere für den ersten Termin, sollten Sie einige Dinge bereithalten. Diese Praxisfragen-Checkliste dient Ihnen als Orientierung und liefert wichtige Patienteninformationen:
Checkliste für Ihren Ergotherapie-Termin:
- Gültige ärztliche Heilmittelverordnung (Rezept): Dies ist das wichtigste Dokument, da es die Grundlage für die Behandlung und die Abrechnung mit der Krankenkasse bildet. Achten Sie auf das Ausstellungsdatum (nicht älter als 28 Tage bei Therapiebeginn, sofern kein späterer Behandlungsbeginn ärztlich vermerkt ist).
- Ihre Versichertenkarte: Die Praxis benötigt diese zur Aufnahme Ihrer Daten und zur Abrechnung mit der Krankenkasse.
- Ggf. Ihr Befreiungsausweis für Zuzahlungen: Wenn Sie von den gesetzlichen Zuzahlungen befreit sind, legen Sie bitte Ihren gültigen Befreiungsausweis vor.
- Bequeme Kleidung: Wählen Sie Kleidung, in der Sie sich gut bewegen können und die auch einmal etwas schmutzig werden darf. Je nach Therapieinhalt kommen z.B. handwerkliche Techniken mit Farben oder Ton zum Einsatz, oder es werden Übungen am Boden durchgeführt.
- Ggf. ein großes Handtuch: Manche Praxen bitten darum, ein eigenes Handtuch als Unterlage für die Behandlungsliege oder für Übungen auf der Matte mitzubringen. Fragen Sie am besten bei der Terminvereinbarung nach.
- Relevante medizinische Unterlagen (falls vorhanden):
- Aktuelle Arztberichte
- Röntgenbilder, MRT- oder CT-Befunde
- OP-Berichte
- Berichte von früheren Therapien (Ergo-, Physio-, Logopädie)
Diese Unterlagen helfen dem/der Therapeut:in, sich ein umfassendes Bild Ihrer Situation zu machen.
- Bereits vorhandene Hilfsmittel (falls relevant): Wenn Sie bereits Hilfsmittel nutzen, die im Zusammenhang mit Ihrer Behandlung stehen (z.B. Handschienen, Orthesen, spezielle Stifte, Gehhilfen), bringen Sie diese bitte mit. Der/die Therapeut:in kann deren Passform und Funktionalität überprüfen und sie ggf. in die Therapie integrieren.
- Im Zweifel: Nachfragen! Jede Praxis hat eventuell leicht unterschiedliche Abläufe. Wenn Sie unsicher sind, was Sie mitbringen sollen, fragen Sie einfach bei der telefonischen Terminvereinbarung in Ihrer Ergotherapiepraxis nach.
Gut vorbereitet können Sie entspannt in Ihre Therapie starten.
Fazit: Ihr Wegweiser durch die Welt der Ergotherapie
Die Kernbotschaft der Ergotherapie ist klar und kraftvoll: Sie unterstützt Menschen jeden Alters dabei, ihren Alltag trotz gesundheitlicher Einschränkungen so selbstständig, aktiv und erfüllt wie möglich zu gestalten. Ihr Ziel ist es, die Handlungsfähigkeit zu fördern und dadurch maßgeblich zur Verbesserung der Lebensqualität beizutragen.
Wir hoffen, dieses FAQ Ergotherapie konnte Ihre wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema klären und Ihnen hilfreiche Patienteninformationen sowie Einblicke in typische Praxisfragen geben. Von der Definition und den Zielen über die Zielgruppen, den Weg zur Verordnung, den Ablauf der Sitzungen bis hin zu Dauer, Orten, Kosten und der Abgrenzung zur Physiotherapie haben wir die häufigsten Aspekte beleuchtet.
Dennoch ist jede ergotherapeutische Behandlung so individuell wie der Mensch, der sie erhält. Die hier gegebenen Antworten bieten eine allgemeine Orientierung. Für spezifische Fragen zu Ihrer persönlichen Situation, zu Ihren individuellen Zielen oder zur Klärung, ob Ergotherapie für Sie oder Ihr Kind der richtige Weg ist, wenden Sie sich bitte vertrauensvoll an Ihren behandelnden Arzt oder Ihre behandelnde Ärztin. Sie können auch direkt Kontakt zu einer Ergotherapiepraxis in Ihrer Nähe aufnehmen und um eine individuelle Beratung bitten. Qualifizierte Ergotherapeut:innen stehen Ihnen gerne zur Seite, um gemeinsam mit Ihnen den besten Weg zur Erreichung Ihrer persönlichen Ziele zu finden.