Donnerstag, 24.April 2025
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Ergotherapie bei Long Covid: Wie sie bei Fatigue und im Alltag hilft

Ergotherapie bei Long Covid: Wie sie bei Fatigue und im Alltag hilft

Geschätzte Lesezeit: 12 Minuten

Key Takeaways

  • Zentrale Rolle: Ergotherapie ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Rehabilitation bei Long Covid, um Alltagsbewältigung und Lebensqualität zu verbessern.
  • Fatigue-Management: Ein Hauptfokus liegt auf dem Energiemanagement (Pacing), um die lähmende Erschöpfung (Fatigue) zu bewältigen und Post-Exertional Malaise (PEM) zu vermeiden.
  • Alltagskompetenz: Praktisches Alltagstraining und Hilfsmittelberatung helfen Betroffenen, Selbstversorgung und Haushaltsführung trotz Einschränkungen zu meistern.
  • Kognitive Unterstützung: Ergotherapie bietet Strategien und Übungen zur Bewältigung kognitiver Probleme wie „Brain Fog“ (Konzentrations-, Gedächtnisprobleme).
  • Ganzheitlicher Ansatz: Sie wirkt am besten im Zusammenspiel mit anderen Therapien (z.B. Atemtherapie, Physiotherapie) in einem multidisziplinären Team.
  • Zugang: Ergotherapie kann ärztlich verordnet werden; die Kosten werden in der Regel von Krankenkassen übernommen.

Inhaltsverzeichnis

Einleitung: Die Herausforderung Long Covid und die Rolle der Ergotherapie

Long Covid ist eine Realität, die viele Menschen nach einer überstandenen COVID-19-Infektion vor enorme Herausforderungen stellt. Diese Erkrankung äußert sich durch vielfältige und oft langanhaltende Symptome, die den Alltag und die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen können. Eine zentrale und unverzichtbare Rolle bei der Bewältigung dieser komplexen Situation spielt die Ergotherapie bei Long Covid. Sie ist ein wichtiger Baustein der umfassenden Rehabilitation, die darauf abzielt, Patientinnen und Patienten auf dem Weg zurück in ein erfülltes Leben zu unterstützen.

Besonders die oft als lähmend beschriebene Fatigue, eine tiefgreifende und anhaltende Erschöpfung, sowie vielfältige Probleme bei der Bewältigung alltäglicher Aufgaben stellen für viele Betroffene eine massive Belastung dar. Die gewohnte Leistungsfähigkeit ist reduziert, Konzentration fällt schwer, und selbst einfache Tätigkeiten können zur Qual werden. Dieser Artikel beleuchtet detailliert, wie die Ergotherapie gezielt bei Long Covid ansetzt, um insbesondere Fatigue-Symptome zu managen und die Handlungsfähigkeit im Alltag wiederherzustellen. Zudem wird erläutert, wie sie durch andere wichtige Therapieansätze, wie beispielsweise die Atemtherapie, ergänzt wird und welche fundamentale Bedeutung die Rehabilitation im Gesamtkontext hat. Ziel dieses Beitrags ist es, ein klares Bild davon zu vermitteln, welche Therapieansätze bei Long Covid wirksam unterstützen können und wie Betroffene davon profitieren.

Was ist Long Covid? Ein kurzer Überblick über das Post-COVID-Syndrom

Der Begriff Long Covid, oft auch als Post-COVID-Syndrom bezeichnet, beschreibt gesundheitliche Beschwerden und Symptome, die Wochen oder sogar Monate nach einer akuten SARS-CoV-2-Infektion fortbestehen oder neu auftreten können. Es handelt sich nicht um eine einheitliche Erkrankung, sondern um ein Syndrom mit einem breiten Spektrum an möglichen Symptomen, die individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt sein können.

Zu den häufigsten und belastendsten Symptomen von Long Covid gehören:

  • Extreme, anhaltende Erschöpfung (Fatigue), die durch Ruhe oft nicht ausreichend gelindert wird und sich nach geringer Anstrengung verschlimmern kann (Post-Exertional Malaise, PEM).
  • Kurzatmigkeit (Dyspnoe), oft schon bei leichter körperlicher Belastung oder sogar in Ruhe.
  • Kognitive Beeinträchtigungen, häufig als „Brain Fog“ beschrieben, die Konzentrations-, Gedächtnis-, Wortfindungs- und Aufmerksamkeitsprobleme umfassen.
  • Muskel- und Gelenkschmerzen (Myalgien und Arthralgien).
  • Schlafstörungen (Insomnie, nicht erholsamer Schlaf).
  • Kopfschmerzen.
  • Herzrasen oder Herzklopfen (Palpitationen).
  • Stimmungsänderungen, einschließlich Angstzuständen und Depressionen.

Diese Symptome können einzeln oder in Kombination auftreten und in ihrer Intensität stark schwanken. Ohne eine gezielte therapeutische Unterstützung im Rahmen einer strukturierten Rehabilitation können diese langanhaltenden Beschwerden die Lebensqualität der Betroffenen massiv einschränken. Die Rückkehr in den Alltag, die Wiederaufnahme der Berufstätigkeit und die soziale Teilhabe können dadurch erheblich erschwert oder sogar unmöglich gemacht werden. Eine frühzeitige Diagnose und ein darauf abgestimmter Therapieplan sind daher entscheidend.

Die Rolle der Rehabilitation bei Long Covid: Ein strukturierter Weg zur Besserung

Die Rehabilitation bei Long Covid ist weit mehr als nur eine Ansammlung einzelner Therapien; sie ist ein koordinierter und strukturierter Prozess. Ihr übergeordnetes Ziel ist es, Betroffene bestmöglich dabei zu unterstützen, ihre durch die Erkrankung beeinträchtigten körperlichen, kognitiven und psychischen Funktionen wiederherzustellen oder zu kompensieren. Es geht darum, die individuelle Leistungsfähigkeit zu verbessern und Strategien zu erlernen, um mit den verbleibenden Einschränkungen umzugehen. Letztlich soll die Rehabilitation die Rückkehr in einen möglichst normalen Alltag, die Wiederaufnahme der Berufstätigkeit und die volle soziale Teilhabe ermöglichen oder erleichtern.

Aufgrund der Vielschichtigkeit der Long Covid-Symptomatik ist ein multidisziplinärer Ansatz für eine erfolgreiche Rehabilitation unerlässlich. Das bedeutet, dass Expertinnen und Experten aus verschiedenen Fachbereichen eng zusammenarbeiten, um einen ganzheitlichen und individuell zugeschnittenen Behandlungsplan zu entwickeln und umzusetzen. Ein solches Team kann typischerweise bestehen aus:

  • Ärztinnen und Ärzten (z.B. aus der Inneren Medizin, Pneumologie, Neurologie, Kardiologie, Psychosomatik) zur Diagnostik, Überwachung und medikamentösen Einstellung.
  • Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten, die sich auf die Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit im Alltag konzentrieren.
  • Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten, die unter anderem Atemtherapie und angepasste Bewegungsprogramme anbieten.
  • Logopädinnen und Logopäden bei Stimm-, Sprach- oder Schluckstörungen.
  • Psychologinnen, Psychologen oder Psychotherapeutinnen und -therapeuten zur Unterstützung bei der Krankheitsbewältigung, bei Angst, Depression oder kognitiven Problemen.
  • Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter zur Klärung sozialrechtlicher Fragen und Unterstützung bei der beruflichen Wiedereingliederung.

Dieser integrierte Ansatz stellt sicher, dass alle relevanten Aspekte der Erkrankung berücksichtigt und die verschiedenen Therapiebausteine optimal aufeinander abgestimmt werden, um den bestmöglichen Rehabilitationserfolg für die Patientinnen und Patienten zu erzielen.

Alltagstraining Ergotherapie

Fokus: Ergotherapie bei Long Covid – Praktische Hilfe im Alltag

Innerhalb des multidisziplinären Rehabilitationskonzepts nimmt die Ergotherapie bei Long Covid eine Schlüsselposition ein, da sie sich direkt auf die Bewältigung des täglichen Lebens konzentriert. Sie setzt dort an, wo die Symptome die Handlungsfähigkeit und Selbstständigkeit der Betroffenen am stärksten einschränken.

Was ist Ergotherapie? Definition und Ansatz bei Long Covid

Ergotherapie ist eine etablierte Therapieform, deren zentrales Ziel es ist, Menschen dabei zu unterstützen, ihre Handlungsfähigkeit in für sie bedeutungsvollen Lebensbereichen zu erhalten, wiederzuerlangen oder zu erweitern. Diese Bereiche umfassen typischerweise die Selbstversorgung (z.B. Körperpflege, Ankleiden, Essen), die Produktivität (z.B. Berufstätigkeit, Haushaltsführung, Ausbildung) und die Freizeitgestaltung (z.B. Hobbys, soziale Aktivitäten). Der Ansatz der Ergotherapie ist klientenzentriert und betätigungsorientiert, das heißt, sie orientiert sich an den individuellen Zielen, Bedürfnissen und dem Lebensumfeld der jeweiligen Person.

Im spezifischen Kontext von Long Covid passt die Ergotherapie ihre Methoden und Strategien an die besonderen Herausforderungen an, die sich aus Symptomen wie der lähmenden Fatigue, kognitiven Einschränkungen („Brain Fog“), Kurzatmigkeit oder Schmerzen ergeben. Sie hilft Betroffenen, trotz dieser Einschränkungen ihren Alltag bestmöglich zu gestalten, ihre Energieressourcen sinnvoll zu nutzen, verlorengegangene Fähigkeiten wieder zu erlernen oder Kompensationsstrategien zu entwickeln. Das übergeordnete Ziel ist die Förderung der Selbstständigkeit, die Verbesserung der Lebensqualität und die Ermöglichung von Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Die Ergotherapie arbeitet dabei ressourcenorientiert, indem sie vorhandene Fähigkeiten stärkt und nutzt, um neue Lösungswege für alltägliche Probleme zu finden.

Spezifische Ziele der Ergotherapie bei Long Covid

Umgang mit Fatigue (Energiemanagement) durch Ergotherapie bei Long Covid

Die Bewältigung der oft extremen Fatigue ist eines der Hauptanliegen in der Ergotherapie bei Long Covid. Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten vermitteln hierfür zentrale Techniken des Energiemanagements. Die Kernstrategie dabei ist das sogenannte „Pacing“. Pacing bedeutet, die eigenen Energiereserven bewusst wahrzunehmen und Aktivitäten über den Tag oder die Woche hinweg vorausschauend zu planen, sinnvoll aufzuteilen und zu dosieren. Es geht darum, ein Gleichgewicht zwischen Aktivität und Ruhe zu finden und die verfügbare Energie so einzusetzen, dass wichtige Aufgaben erledigt werden können, ohne eine komplette Erschöpfung oder eine Zustandsverschlechterung zu provozieren. Dies erfordert oft ein Umdenken und die Bereitschaft, bisherige Gewohnheiten und Leistungserwartungen anzupassen.

Ein entscheidendes Ziel des Pacing und des gesamten Energiemanagements ist die Vermeidung von sogenannten „Crashes“ oder Post-Exertional Malaise (PEM). Dabei handelt es sich um eine oft zeitverzögert auftretende, massive Verschlechterung der Symptome (insbesondere der Fatigue, aber auch anderer Beschwerden wie Schmerzen oder kognitiver Probleme) nach körperlicher, geistiger oder emotionaler Anstrengung, die über die individuelle Belastungsgrenze hinausging. Solche Crashes können die Betroffenen Tage oder sogar Wochen zurückwerfen. Die Ergotherapie hilft dabei, die eigenen Belastungsgrenzen zu erkennen und zu respektieren, Aktivitäten bewusst zu planen, Prioritäten zu setzen und vor allem ausreichende und präventive Pausen einzuplanen, um diese Überlastungszustände zu verhindern und langfristig ein stabileres Energieniveau zu erreichen. Der Fokus liegt klar auf dem Erhalt und der Optimierung der vorhandenen Energie im Kontext von Long Covid und Fatigue.

Alltagstraining in der Ergotherapie zur Bewältigung von Long Covid

Ein weiteres zentrales Element der Ergotherapie bei Long Covid ist das praktische Alltagstraining. Viele Betroffene haben Schwierigkeiten, selbst grundlegende tägliche Aufgaben zu bewältigen, sei es aufgrund von Fatigue, Kurzatmigkeit, Schmerzen oder kognitiven Problemen. Die Ergotherapie bietet hier konkrete Unterstützung und Anleitung. Dies umfasst die Bereiche der Selbstversorgung, wie zum Beispiel das Anziehen, die Körperpflege oder die Zubereitung von Mahlzeiten, aber auch komplexere Aufgaben im Haushalt wie Einkaufen, Kochen oder Putzen. Gemeinsam mit dem Therapeuten oder der Therapeutin werden Strategien entwickelt, um diese Aktivitäten energieeffizienter und weniger belastend zu gestalten. Dies kann das Einüben veränderter Bewegungsabläufe, das Aufteilen von Aufgaben in kleinere Schritte oder das Vereinfachen von Prozessen beinhalten. Auch die Anforderungen des Berufslebens können im Alltagstraining thematisiert und Lösungsansätze erarbeitet werden, beispielsweise für die Rückkehr an den Arbeitsplatz oder die Gestaltung des Homeoffice.

Eng verbunden mit dem Alltagstraining ist die Beratung zur Anpassung der Umgebung und zum Einsatz von Hilfsmitteln. Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten analysieren die Wohn- oder Arbeitsumgebung und geben Empfehlungen für ergonomische Anpassungen, die Aktivitäten erleichtern und Energie sparen können. Das kann die Optimierung der Sitzhöhe am Arbeitsplatz, die Anordnung von Gegenständen in der Küche zur Vermeidung unnötiger Wege oder die Beseitigung von Stolperfallen umfassen. Darüber hinaus beraten sie zum sinnvollen Einsatz von Hilfsmitteln, die die Selbstständigkeit fördern und Belastungen reduzieren. Beispiele hierfür sind Duschhocker oder Badewannenlifter für die Körperpflege, Greifzangen zum Aufheben von Gegenständen, Anziehhilfen für Strümpfe oder Schuhe, oder spezielle Küchenutensilien, die weniger Kraftaufwand erfordern. Ziel des Alltagstrainings und der Hilfsmittelberatung im Rahmen der Ergotherapie bei Long Covid ist es, den Betroffenen trotz ihrer Einschränkungen ein Höchstmaß an Selbstständigkeit und Handlungskompetenz im täglichen Leben zu ermöglichen.

Kognitive Rehabilitation bei „Brain Fog“ durch Ergotherapie

Viele Menschen mit Long Covid leiden unter kognitiven Beeinträchtigungen, die oft unter dem Begriff „Brain Fog“ zusammengefasst werden. Dazu gehören Probleme mit der Konzentration, dem Gedächtnis, der Aufmerksamkeit, der Wortfindung oder der Planungsfähigkeit. Diese Einschränkungen können im Alltag und im Beruf äußerst belastend sein. Die Ergotherapie setzt hier mit gezielter kognitiver Rehabilitation an.

Dabei kommen spezifische Übungen und Trainingsprogramme zum Einsatz, die darauf abzielen, die beeinträchtigten geistigen Funktionen zu verbessern. Dies kann computergestützte Trainings, aber auch alltagsnahe Übungen wie Gedächtnisspiele, Konzentrationsaufgaben oder Planungsübungen umfassen. Mindestens ebenso wichtig ist jedoch das Erlernen von Kompensationsstrategien, die helfen, die kognitiven Schwierigkeiten im Alltag zu umgehen oder abzumildern. Beispiele hierfür sind das konsequente Nutzen von Notizbüchern, Kalendern oder Smartphone-Apps zur Organisation und Erinnerung, das Schaffen einer ablenkungsarmen Arbeitsumgebung, das Aufteilen komplexer Aufgaben in kleinere, überschaubare Schritte oder das Einüben von Techniken zur Verbesserung der Konzentration. Die Ergotherapie hilft den Betroffenen, diese Strategien individuell passend auszuwählen und in ihren Alltag zu integrieren.

Förderung der Teilhabe und Lebensqualität trotz Long Covid

Ein übergeordnetes und sehr wichtiges Ziel der Ergotherapie bei Long Covid ist die Förderung der sozialen Teilhabe und die Verbesserung der allgemeinen Lebensqualität. Die Erkrankung führt oft zu sozialem Rückzug, dem Verlust von Hobbys und Freizeitaktivitäten und Schwierigkeiten bei der Aufrechterhaltung sozialer Kontakte. Die Ergotherapie unterstützt Betroffene dabei, schrittweise wieder am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen und Aktivitäten zu finden, die trotz der Einschränkungen möglich sind und Freude bereiten.

Dies kann die Planung und Begleitung bei der Wiederaufnahme von Freizeitaktivitäten, die Unterstützung bei der Kontaktaufnahme zu Selbsthilfegruppen oder die Beratung zur Anpassung von Hobbys an die veränderten Belastungsgrenzen umfassen. Auch die Unterstützung bei der schrittweisen Rückkehr in den Beruf oder in eine angepasste berufliche Tätigkeit ist ein wichtiger Aspekt, um Teilhabe und ein Gefühl der Produktivität zu ermöglichen. Indem die Ergotherapie hilft, Barrieren im Alltag abzubauen, die Selbstständigkeit zu fördern und sinnvolle Betätigungen wieder zu ermöglichen, trägt sie maßgeblich dazu bei, die Lebensqualität von Menschen mit Long Covid nachhaltig zu steigern und ihnen zu helfen, trotz der Erkrankung ein möglichst erfülltes Leben zu führen.

Praktische Beispiele für ergotherapeutische Interventionen bei Long Covid

Die Ergotherapie bei Long Covid setzt eine Vielzahl praktischer Methoden und Interventionen ein, die individuell auf die Bedürfnisse und Ziele der Patientinnen und Patienten zugeschnitten werden. Hier einige konkrete Beispiele:

  • Schulungen zum Energiemanagement (Pacing): Vermittlung der Prinzipien des Pacing, gemeinsames Erarbeiten von individuellen Strategien zur Aktivitätsplanung, Priorisierung von Aufgaben und Integration von regelmäßigen Pausen in den Tagesablauf.
  • Führen von Aktivitätstagebüchern: Anleitung zur Selbstbeobachtung des eigenen Energiehaushalts und der Auswirkungen von Aktivitäten. Das Tagebuch dient als Grundlage, um Muster zu erkennen (z.B. welche Aktivitäten besonders anstrengend sind, wann Pausen nötig sind) und den Tagesablauf entsprechend anzupassen und zu optimieren.
  • Einüben von Routinen und Strukturen im Alltag: Entwicklung fester Tages- und Wochenstrukturen, die helfen, den Energieverbrauch zu regulieren und Überforderung zu vermeiden. Dies kann die Planung von Mahlzeiten, festen Ruhezeiten oder Zeitfenstern für bestimmte Aufgaben umfassen.
  • Anleitung zu kurzen Entspannungs- oder Achtsamkeitsübungen: Vermittlung einfacher Techniken (z.B. Atemübungen, kurze Meditationen, progressive Muskelentspannung), die als „30-Sekunden-Gut-Tu-Aktivitäten“ in den Alltag integriert werden können. Diese können helfen, Stress abzubauen, kurzfristig Energie zu tanken und das allgemeine Wohlbefinden zu steigern.
  • Beratung zur ergonomischen Arbeitsplatzgestaltung: Analyse und Anpassung des Arbeitsplatzes (im Büro oder im Homeoffice) zur Reduzierung körperlicher Belastungen und zur Förderung einer energiesparenden Arbeitshaltung. Dies kann die Einstellung von Stuhl und Tisch, die Positionierung des Monitors oder die Verwendung ergonomischer Hilfsmittel umfassen.
  • Training alltagspraktischer Fähigkeiten: Gezieltes Üben von Tätigkeiten aus der Selbstversorgung oder dem Haushalt unter Anwendung von Energiespartechniken und ggf. mit Hilfsmitteln.
  • Kognitives Training und Strategievermittlung: Durchführung von Übungen zur Verbesserung von Gedächtnis und Konzentration sowie Anleitung zum Einsatz von Kompensationsstrategien (z.B. Checklisten, Erinnerungshilfen).
  • Hilfsmittelberatung und -erprobung: Identifikation, Auswahl und Anpassung geeigneter Hilfsmittel zur Erleichterung des Alltags und zur Förderung der Selbstständigkeit.

Diese Beispiele verdeutlichen den praxisnahen und lösungsorientierten Ansatz der Ergotherapie bei Long Covid.

Weitere unterstützende Therapieansätze im Rahmen der Rehabilitation

Die Ergotherapie ist ein zentraler, aber nicht der einzige Baustein in der erfolgreichen Rehabilitation von Long Covid. Sie wirkt am besten im Zusammenspiel mit anderen Therapieformen, die spezifische Symptome adressieren und den Gesamtprozess unterstützen.

Atemtherapie bei Long Covid: Den Atem wiederfinden

Viele Long Covid-Betroffene leiden unter Kurzatmigkeit (Dyspnoe), einem Gefühl der Atemnot, Enge im Brustkorb oder einer flachen, ineffizienten Atmung. Diese Atembeschwerden können die körperliche Belastbarkeit stark einschränken und Angst auslösen. Die Atemtherapie, die häufig von spezialisierten Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten durchgeführt wird, ist hier ein entscheidender Ansatzpunkt.

Die Atemtherapie bei Long Covid verfolgt mehrere Ziele:

  • Kräftigung der Atemmuskulatur (insbesondere des Zwerchfells).
  • Verbesserung der Lungenfunktion und der Sauerstoffaufnahme.
  • Förderung einer ökonomischen, entspannten und tiefen Atmung.
  • Linderung des Gefühls der Kurzatmigkeit.
  • Verbesserung der Sekretlösung (falls relevant).

Dafür werden verschiedene Techniken eingesetzt, wie zum Beispiel:

  • Zwerchfellatmung (Bauchatmung): Zur Aktivierung des Hauptatemmuskels und Vertiefung der Atmung.
  • Lippenbremse: Eine Ausatemtechnik, die hilft, die Atemwege länger offen zu halten und die Ausatmung zu verlangsamen, was bei Kurzatmigkeit erleichternd wirkt.
  • Dehnübungen für den Brustkorb: Zur Verbesserung der Beweglichkeit des Brustkorbs und Erleichterung der Atembewegung.
  • Atemerleichternde Körperstellungen: Erlernen von Positionen, die die Atmung in Ruhe oder bei Belastung unterstützen.
  • Hustentechniken: Zum effektiven Abhusten von Sekret.

Eine verbesserte Atmung und Lungenfunktion durch die Atemtherapie kann die allgemeine Belastbarkeit erhöhen. Dies hat auch positive Auswirkungen auf die Ergotherapie, da Patientinnen und Patienten dann möglicherweise mehr Energie für das Alltagstraining haben und die im Energiemanagement erlernten Strategien besser umsetzen können. Die Atemtherapie ist somit eine wichtige Ergänzung im multidisziplinären Ansatz bei Long Covid.

Kurzer Hinweis auf andere relevante Therapien im multidisziplinären Team

Neben Ergotherapie und Atemtherapie können weitere Therapieformen im Rahmen der Rehabilitation bei Long Covid sinnvoll und notwendig sein:

  • Physiotherapie: Über die Atemtherapie hinaus umfasst die Physiotherapie auch Maßnahmen zur Verbesserung von Beweglichkeit, Koordination und Kraft. Ein sehr behutsames, individuell angepasstes Ausdauer- und Krafttraining kann unter Umständen hilfreich sein, muss aber äußerst vorsichtig dosiert werden, insbesondere bei Patientinnen und Patienten mit Post-Exertional Malaise (PEM), um keine Verschlechterungen auszulösen. Hier ist eine enge Abstimmung und Expertise im Umgang mit PEM unerlässlich.
  • Logopädie: Bei Long Covid können auch Probleme mit der Stimme (Dysphonie), der Sprache (z.B. Wortfindungsstörungen) oder dem Schlucken (Dysphagie) auftreten. Logopädinnen und Logopäden bieten hier spezifische Diagnostik und Therapie an.
  • Psychologische/Psychotherapeutische Unterstützung: Die Bewältigung einer langanhaltenden Erkrankung wie Long Covid mit ihren vielfältigen Einschränkungen ist eine enorme psychische Belastung. Psychologische oder psychotherapeutische Unterstützung kann helfen, mit Angst, Depression, Frustration, Anpassungsschwierigkeiten oder den kognitiven Problemen umzugehen und Bewältigungsstrategien zu entwickeln.

Die Wichtigkeit dieser ergänzenden Therapien kann nicht genug betont werden. Sie sind integraler Bestandteil des multidisziplinären Rehabilitations-Ansatzes bei Long Covid. Die enge Zusammenarbeit und der regelmäßige Austausch zwischen allen beteiligten Therapeutinnen und Therapeuten sowie Ärztinnen und Ärzten sind entscheidend, um die Behandlung optimal auf die individuellen Bedürfnisse abzustimmen und die Ergotherapie sinnvoll zu ergänzen.

Wie finde ich die passende Unterstützung und Therapie bei Long Covid?

Der Weg zur richtigen therapeutischen Unterstützung bei Long Covid kann für Betroffene und ihre Angehörigen eine Herausforderung sein. Es ist wichtig zu wissen, wie man Zugang zu Therapien wie Ergotherapie oder Atemtherapie erhält und was für eine erfolgreiche Behandlung entscheidend ist.

Der erste Schritt ist in der Regel der Gang zur Hausärztin oder zum Hausarzt. Diese können eine erste Einschätzung vornehmen, notwendige Diagnostik veranlassen und bei bestätigter Diagnose von Long Covid oder spezifischen Symptomen wie Fatigue oder Atembeschwerden entsprechende Heilmittelverordnungen ausstellen. Ergotherapie, Physiotherapie (einschließlich Atemtherapie) und Logopädie sind anerkannte Heilmittel, die bei medizinischer Notwendigkeit ärztlich verordnet werden können.

Die Kosten für diese ärztlich verordneten Therapien werden in Deutschland in der Regel von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Patientinnen und Patienten müssen meist eine gesetzliche Zuzahlung pro Verordnung und pro Behandlungstermin leisten, von der man sich unter bestimmten Voraussetzungen befreien lassen kann. Private Krankenversicherungen übernehmen die Kosten gemäß den individuellen Vertragsbedingungen. Es ist ratsam, die Kostenübernahme im Vorfeld mit der eigenen Krankenkasse zu klären.

Die Suche nach geeigneten Therapeutinnen und Therapeuten, die Erfahrung mit der Behandlung von Long Covid haben, kann über verschiedene Wege erfolgen:

  • Online-Therapeutensuchen der jeweiligen Berufsverbände (z.B. Deutscher Verband der Ergotherapeuten e.V. – DVE).
  • Empfehlungen der behandelnden Ärztin oder des Arztes.
  • Hinweise von spezialisierten Long Covid-Ambulanzen oder Rehabilitationskliniken.
  • Austausch in Selbsthilfegruppen für Long Covid-Betroffene.

Entscheidend für den Erfolg der Rehabilitation ist letztlich ein individuell auf die spezifischen Symptome, die aktuelle Belastbarkeit (insbesondere unter Berücksichtigung von PEM/Fatigue) und die persönlichen Ziele des oder der Betroffenen zugeschnittener Therapieplan. Dieser Plan sollte idealerweise im multidisziplinären Team – also in Abstimmung zwischen Ärztinnen/Ärzten, Ergotherapeut\*innen, Physiotherapeut\*innen und ggf. weiteren Fachleuten – erstellt und regelmäßig angepasst werden. Eine gute Kommunikation zwischen allen Beteiligten und eine aktive Mitarbeit der Patientin oder des Patienten sind dabei essenziell.

Fazit: Ergotherapie als Schlüsselkomponente der Long Covid-Rehabilitation

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Ergotherapie ein unverzichtbarer und hochwirksamer Bestandteil der umfassenden Rehabilitation bei Long Covid ist. Angesichts der oft tiefgreifenden Auswirkungen der Erkrankung auf den Alltag der Betroffenen bietet sie gezielte und praktische Lösungsansätze.

Der Kernnutzen der Ergotherapie bei Long Covid liegt insbesondere in der Vermittlung von wirksamen Strategien im Umgang mit der lähmenden Fatigue. Das Erlernen und Anwenden von Energiemanagement-Techniken, allen voran das Pacing, ist entscheidend, um Überlastung zu vermeiden und die vorhandenen Energieressourcen optimal zu nutzen. Gleichzeitig unterstützt die Ergotherapie durch spezifisches Alltagstraining und individuelle Anpassungen maßgeblich dabei, die Selbstständigkeit in der Selbstversorgung, im Haushalt und potenziell im Beruf wiederzuerlangen oder zu erhalten und somit die Lebensqualität spürbar zu verbessern.

Im Rahmen eines ganzheitlichen Behandlungsansatzes entfaltet die Ergotherapie ihre volle Wirkung im Zusammenspiel mit anderen wichtigen Therapieformen wie der Atemtherapie zur Linderung von Kurzatmigkeit, der angepassten Physiotherapie und der psychologischen Unterstützung. Dieser multidisziplinäre Ansatz trägt maßgeblich zur Bewältigung der vielfältigen und komplexen Symptome von Long Covid bei.

Auch wenn der Weg zurück oft lang und herausfordernd ist, bietet professionelle therapeutische Unterstützung, insbesondere durch die Ergotherapie, Betroffenen wertvolle Werkzeuge und Strategien an die Hand. Sie kann ihnen helfen, trotz der erheblichen Herausforderungen von Long Covid schrittweise wieder Kontrolle über ihren Alltag zu gewinnen und in ein aktiveres und selbstbestimmteres Leben zurückzufinden. Die Ergotherapie leistet somit einen entscheidenden Beitrag zur Verbesserung der Prognose und zur Steigerung der Lebensqualität von Menschen mit Long Covid.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was ist das Hauptziel der Ergotherapie bei Long Covid?

Das Hauptziel der Ergotherapie bei Long Covid ist es, Menschen dabei zu unterstützen, ihre Handlungsfähigkeit in für sie wichtigen Lebensbereichen (wie Selbstversorgung, Haushalt, Beruf, Freizeit) trotz Symptomen wie Fatigue, „Brain Fog“ oder Kurzatmigkeit zu erhalten oder wiederzuerlangen. Es geht darum, die Selbstständigkeit zu fördern, die Lebensqualität zu verbessern und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.

Was bedeutet „Pacing“ im Zusammenhang mit Ergotherapie bei Long Covid?

Pacing ist eine zentrale Energiemanagement-Strategie, die in der Ergotherapie bei Long Covid vermittelt wird. Sie beinhaltet das bewusste Wahrnehmen der eigenen Energiereserven und das vorausschauende Planen, Aufteilen und Dosieren von Aktivitäten über den Tag oder die Woche. Ziel ist es, ein Gleichgewicht zwischen Aktivität und Ruhe zu finden, die verfügbare Energie optimal zu nutzen und eine Überlastung oder Zustandsverschlechterung (Post-Exertional Malaise – PEM) zu vermeiden.

Hilft Ergotherapie auch bei Konzentrations- und Gedächtnisproblemen („Brain Fog“)?

Ja, die Ergotherapie setzt gezielte kognitive Rehabilitation bei „Brain Fog“ ein. Dies umfasst sowohl spezifische Übungen zur Verbesserung von Konzentration, Gedächtnis und Planungsfähigkeit als auch das Erlernen und Integrieren von Kompensationsstrategien in den Alltag. Beispiele für Strategien sind die Nutzung von Gedächtnishilfen (Kalender, Notizen), die Strukturierung von Aufgaben und die Gestaltung einer ablenkungsarmen Umgebung.

Wie erhalte ich eine Verordnung für Ergotherapie bei Long Covid und wer übernimmt die Kosten?

Wenn Sie unter Long Covid-Symptomen leiden, die Ihren Alltag beeinträchtigen, sollten Sie Ihre Hausärztin oder Ihren Hausarzt aufsuchen. Bei medizinischer Notwendigkeit kann diese/r eine Heilmittelverordnung für Ergotherapie ausstellen. Mit dieser Verordnung können Sie eine Ergotherapiepraxis aufsuchen. Die Kosten für ärztlich verordnete Ergotherapie werden in Deutschland in der Regel von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen (abgesehen von der gesetzlichen Zuzahlung). Bei privater Versicherung gelten die jeweiligen Vertragsbedingungen.

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