Ergotherapie bei Multipler Sklerose: Mehr Lebensqualität und Unterstützung im Alltag
Geschätzte Lesezeit: 12 Minuten
Key Takeaways
- Ergotherapie unterstützt Menschen mit Multipler Sklerose (MS) dabei, trotz krankheitsbedingter Einschränkungen Alltagsaktivitäten zu bewältigen und ihre Selbstständigkeit zu maximieren.
- Wichtige Therapiebereiche umfassen die Verbesserung der Mobilität, das Management von Fatigue (krankhafter Erschöpfung), die Beratung und das Training von Hilfsmitteln sowie die Unterstützung bei kognitiven und sensorischen Beeinträchtigungen.
- Energiemanagement-Strategien (Pacing) und energiesparende Techniken sind zentrale ergotherapeutische Ansätze zur Bewältigung der MS-Fatigue.
- Ergotherapeuten helfen bei der Auswahl, Anpassung und dem effektiven Einsatz von Hilfsmitteln für Selbstversorgung, Mobilität und andere Lebensbereiche.
- Die Therapie ist individuell auf die Bedürfnisse und Ziele des Patienten zugeschnitten und wird oft in Zusammenarbeit mit anderen Fachdisziplinen durchgeführt.
- Die Wahl einer auf Neurologie spezialisierten Ergotherapie-Praxis ist für den Therapieerfolg entscheidend.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung: Multiple Sklerose und der Bedarf an Unterstützung
- Was ist Ergotherapie und warum ist sie bei MS wichtig?
- Ergotherapeutische Ansätze zur Verbesserung der Mobilität bei MS
- Umgang mit Fatigue durch Ergotherapie bei MS
- Hilfsmittelberatung und -training in der Ergotherapie bei MS
- Weitere wichtige Bereiche der ergotherapeutischen Unterstützung bei MS
- Wie finde ich eine passende Ergotherapie-Praxis für Multiple Sklerose?
- Fazit: Ergotherapie als Schlüssel zur Lebensqualität bei Multipler Sklerose
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Einleitung: Multiple Sklerose und der Bedarf an Unterstützung
Multiple Sklerose (MS) ist eine chronische neurologische Erkrankung, die das zentrale Nervensystem (ZNS) betrifft – insbesondere das Gehirn und das Rückenmark. Sie verläuft oft schubförmig oder progredient und führt zu einer Vielzahl von Symptomen, die den Alltag der Betroffenen massiv beeinflussen können. Die MS ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen, die im jungen Erwachsenenalter zu bleibenden Behinderungen führt. Die genauen Ursachen sind noch nicht vollständig geklärt, aber es handelt sich um eine Autoimmunerkrankung, bei der das körpereigene Immunsystem die Schutzhüllen der Nervenfasern (Myelinscheiden) im ZNS angreift und schädigt.
Die Herausforderungen im Alltag für Menschen mit Multipler Sklerose sind vielfältig und individuell sehr unterschiedlich. Zu den häufigsten Symptomen zählen eine eingeschränkte Mobilität aufgrund von Muskelschwäche, Gleichgewichtsstörungen oder Koordinationsproblemen. Spastik, eine erhöhte Muskelspannung, kann Bewegungen zusätzlich erschweren und Schmerzen verursachen. Sehstörungen, wie Doppelbilder oder eine Entzündung des Sehnervs (Optikusneuritis), treten oft früh im Krankheitsverlauf auf. Ein besonders belastendes und weit verbreitetes Symptom ist die Fatigue, eine krankhafte, lähmende körperliche und/oder geistige Erschöpfung, die in keinem Verhältnis zur vorangegangenen Aktivität steht und die Lebensqualität stark beeinträchtigt. Hinzu kommen können Sensibilitätsstörungen (Taubheit, Kribbeln), Blasen- und Darmfunktionsstörungen, Schmerzen sowie kognitive Beeinträchtigungen (z.B. bei Konzentration und Gedächtnis).
Angesichts dieser komplexen Herausforderungen ist ein multimodaler Therapieansatz entscheidend. Ein zentraler Baustein zur Bewältigung der krankheitsbedingten Einschränkungen und zur umfassenden Unterstützung im Alltag ist die Ergotherapie bei Multipler Sklerose. Diese spezialisierte Therapieform setzt genau dort an, wo die MS die Handlungsfähigkeit der Betroffenen einschränkt. Sie verfolgt das Ziel, Menschen mit MS dabei zu helfen, trotz ihrer Beeinträchtigungen ein möglichst selbstbestimmtes und aktives Leben zu führen. Die Ergotherapie fokussiert auf die Verbesserung und den Erhalt von Fähigkeiten, die für die Bewältigung von alltäglichen Aufgaben in den Bereichen Selbstversorgung, Beruf und Freizeit essenziell sind.
Dieser Artikel beleuchtet detailliert, was Ergotherapie ist und wie sie Menschen mit MS konkret dabei unterstützt, ihren Alltag besser zu meistern und ihre Lebensqualität zu steigern. Wir werden auf die spezifischen Methoden und Ansätze eingehen, die in der Ergotherapie bei Multipler Sklerose zum Einsatz kommen, von der Verbesserung der Mobilität über den Umgang mit Fatigue bis hin zur Hilfsmittelberatung und kognitivem Training. Ziel ist es, ein umfassendes Verständnis für den Wert dieser Therapieform im Kontext der MS zu vermitteln und aufzuzeigen, wie sie Betroffenen, ihren Angehörigen sowie dem behandelnden medizinischen Personal als wertvolle Ressource dient (Erfüllung Suchintention: Behandlung zur Unterstützung im Alltag).
Quellen:
- https://www.studysmarter.de/ausbildung/ausbildung-in-der-medizin/ergotherapeut-ausbildung/ergotherapie-bei-multipler-sklerose/
- https://www.ms-klinik.de/de/leistungsspektrum/therapie/ergotherapie.html
- https://dve.info/service/presse/383-leben-mit-multipler-sklerose
Was ist Ergotherapie und warum ist sie bei MS wichtig?
Ergotherapie, abgeleitet vom griechischen Wort „ergon“ (Werk, Handlung, Tätigkeit), ist eine international anerkannte, wissenschaftlich fundierte Therapieform. Ihr zentrales Anliegen ist es, Menschen aller Altersgruppen dabei zu unterstützen und zu befähigen, für sie bedeutungsvolle Tätigkeiten in ihrem Alltag durchführen zu können. Diese Tätigkeiten umfassen die Bereiche Selbstversorgung (z.B. Körperpflege, Anziehen, Essen), Produktivität (z.B. Arbeit, Haushalt, Schule) und Freizeit (z.B. Hobbys, soziale Aktivitäten). Ergotherapie geht davon aus, dass „tätig sein“ ein menschliches Grundbedürfnis ist und therapeutische Wirkung hat.
Im spezifischen Kontext der Multiplen Sklerose (MS) verfolgt die Ergotherapie klar definierte Ziele, die auf die individuellen Bedürfnisse und Symptome des Patienten zugeschnitten sind. Das übergeordnete Ziel ist es, die Handlungsfähigkeit im Alltag so lange wie möglich zu erhalten oder, wo möglich, zu verbessern. Dies beinhaltet die Förderung der größtmöglichen Selbstständigkeit in allen Lebensbereichen und damit eine direkte Steigerung der Lebensqualität. Ergotherapie bei MS ist keine standardisierte Behandlung, sondern ein höchst individueller Prozess. Der Therapeut analysiert gemeinsam mit dem Patienten dessen spezifische Einschränkungen, Ressourcen und Ziele, um einen maßgeschneiderten Behandlungsplan zu entwickeln. Dieser Plan berücksichtigt den aktuellen Krankheitszustand, das soziale Umfeld und die persönlichen Prioritäten des Betroffenen.
Innerhalb der Neurologie spielt die Ergotherapie eine unverzichtbare Rolle in der Rehabilitation und im Management chronischer Erkrankungen wie der Multiplen Sklerose. Neurologische Schädigungen, wie sie bei MS durch die Demyelinisierung im zentralen Nervensystem entstehen, führen oft zu komplexen Beeinträchtigungen. Die Ergotherapie bietet hier gezielte Unterstützung bei motorischen Defiziten (z.B. Fein- und Grobmotorik, Koordination, Gleichgewicht), sensorischen Störungen (z.B. veränderte Wahrnehmung von Berührung, Temperatur, Position), kognitiven Einschränkungen (z.B. Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Exekutivfunktionen) und psychischen Belastungen (z.B. Anpassungsstörungen, Depressionen, Ängste). Sie arbeitet eng mit anderen Disziplinen wie Physiotherapie, Logopädie, Neuropsychologie und Medizin zusammen, um eine ganzheitliche Versorgung sicherzustellen.
Ein wesentliches Merkmal der Ergotherapie bei MS ist der starke Fokus auf Handlungsfähigkeit und Selbstständigkeit im realen Leben. Es geht nicht primär darum, isolierte Muskelgruppen zu trainieren oder abstrakte Übungen durchzuführen. Vielmehr steht die konkrete Anwendung von Fähigkeiten im Alltag im Vordergrund. Ergotherapeutische Interventionen zielen darauf ab, alltägliche Handlungen wie das Anziehen, das Zubereiten einer Mahlzeit, das Schreiben einer E-Mail oder die Ausübung eines Hobbys wieder zu ermöglichen oder zu erleichtern. Dies kann durch das Trainieren von Funktionen, das Erlernen von Kompensationsstrategien, den Einsatz von Hilfsmitteln oder die Anpassung der Umwelt geschehen. Der Erfolg der Therapie misst sich daran, inwieweit der Patient seine persönlichen Ziele im Alltag erreichen und wieder bedeutungsvolle Tätigkeiten ausführen kann.
Quellen:
- https://www.studysmarter.de/ausbildung/ausbildung-in-der-medizin/ergotherapeut-ausbildung/ergotherapie-bei-multipler-sklerose/
- https://www.ms-klinik.de/de/leistungsspektrum/therapie/ergotherapie.html
- https://dve.info/service/presse/383-leben-mit-multipler-sklerose
- https://ergotherapie-lenniger.de/mulitple-sklerose/
Ergotherapeutische Ansätze zur Verbesserung der Mobilität bei MS
Die Mobilität ist für die Selbstständigkeit und Teilhabe am Leben von zentraler Bedeutung. Bei Menschen mit Multipler Sklerose (MS) ist sie jedoch häufig durch verschiedene Symptome eingeschränkt. Die Ergotherapie bietet spezifische Ansätze, um die Mobilität zu fördern und die damit verbundenen Herausforderungen zu bewältigen.
Der erste Schritt in der Ergotherapie ist stets eine gründliche Analyse der individuellen Bewegungseinschränkungen. Mittels standardisierter Tests, gezielter Beobachtung von Alltagsaktivitäten und im Gespräch mit dem Patienten erhebt der Ergotherapeut einen detaillierten Befund. Dabei werden spezifische Probleme identifiziert, die die Mobilität bei MS beeinträchtigen. Dazu gehören häufig Gleichgewichtsstörungen, die zu Unsicherheit beim Gehen und Stehen führen, Muskelschwäche (Parese) in Armen und/oder Beinen, die Kraft und Ausdauer limitiert, sowie Spastik, die Bewegungen ungelenk und anstrengend macht. Auch Koordinationsstörungen (Ataxie) oder Sensibilitätsverluste in den Füßen können die Mobilität erheblich einschränken. Diese genaue Befunderhebung ist die Basis für einen zielgerichteten Therapieplan zur Verbesserung der Mobilität.
Aufbauend auf der Befunderhebung werden gezielte Übungen zur Verbesserung der Grob- und Feinmotorik eingesetzt. Grobmotorische Übungen zielen darauf ab, Kraft, Ausdauer, Koordination und Gleichgewicht zu verbessern, was für das Gehen, Stehen und größere Bewegungsabläufe wichtig ist. Feinmotorisches Training fokussiert auf die Geschicklichkeit der Hände und Finger. Dies ist entscheidend für viele Alltagsverrichtungen wie das Schließen von Knöpfen, das Binden von Schnürsenkeln, das Hantieren mit Besteck, das Schreiben oder die Bedienung von Tastaturen und Smartphones. Die Übungen werden individuell angepasst und können funktionelle Tätigkeiten direkt simulieren oder vorbereiten. Ziel ist es, die motorischen Fähigkeiten zu reaktivieren, zu erhalten oder alternative Bewegungsmuster zu erlernen, um die Mobilität im Kleinen wie im Großen zu unterstützen.
Ein weiterer wichtiger Bereich der Ergotherapie zur Förderung der Mobilität ist das Erarbeiten und Einüben von Strategien für Transfers und Fortbewegung. Transfers, also das Wechseln von einer Position in eine andere (z.B. vom Sitzen zum Stehen, vom Rollstuhl ins Bett oder auf die Toilette), können bei MS aufgrund von Schwäche, Spastik oder Gleichgewichtsproblemen erschwert und unsicher sein. Ergotherapeuten lehren sichere und kraftsparende Techniken, oft unter Einbezug von Hilfsmitteln wie Haltegriffen oder Rutschbrettern. Ebenso wichtig ist die Gangschulung, die auf die Verbesserung des Gangbildes, der Ausdauer und der Sicherheit abzielt. Falls Gehhilfen (z.B. Stock, Rollator) oder ein Rollstuhl notwendig werden, schult der Ergotherapeut den korrekten und effizienten Umgang damit, um die größtmögliche Mobilität und Unabhängigkeit zu gewährleisten.
Neben dem direkten Training von Bewegungsabläufen spielt die Anpassung von Aktivitäten und des Umfelds eine entscheidende Rolle für die Mobilität und Sicherheit von Menschen mit MS. Ergotherapeuten beraten zur optimalen Gestaltung der Wohn- und Arbeitsumgebung. Dies kann die Beseitigung von Stolperfallen (z.B. Teppichkanten, lose Kabel), die Installation von Haltegriffen im Bad oder Flur, die Anpassung der Arbeitshöhe in der Küche oder die Empfehlung von rutschfesten Unterlagen umfassen. Ziel ist es, Stürze zu vermeiden und die selbstständige Fortbewegung im eigenen Umfeld zu erleichtern. Darüber hinaus werden Strategien erarbeitet, wie alltägliche Bewegungsabläufe energiesparender und weniger belastend gestaltet werden können (z.B. Aufgaben im Sitzen erledigen, Pausen einplanen), was nicht nur die Mobilität unterstützt, sondern auch dem Symptom Fatigue entgegenwirkt.
Quellen:
- https://www.ms-klinik.de/de/leistungsspektrum/therapie/ergotherapie.html
- https://ergotherapie-lenniger.de/mulitple-sklerose/
- https://dve.info/service/presse/383-leben-mit-multipler-sklerose
Umgang mit Fatigue durch Ergotherapie bei MS
Die Fatigue ist eines der häufigsten, belastendsten und am schwersten zu behandelnden Symptome der Multiplen Sklerose (MS). Sie unterscheidet sich grundlegend von normaler Müdigkeit nach Anstrengung. MS-Fatigue wird als eine überwältigende, lähmende körperliche und/oder geistige Erschöpfung beschrieben, die oft plötzlich auftritt, unverhältnismäßig zur vorangegangenen Aktivität ist und sich auch durch Schlaf nicht ausreichend bessert. Diese tiefgreifende Erschöpfung kann die Alltagsbewältigung, die Arbeitsfähigkeit und die soziale Teilhabe massiv einschränken und stellt für viele Betroffene eine enorme Herausforderung dar. Die genauen Ursachen der Fatigue bei MS sind komplex und multifaktoriell, aber die Ergotherapie bietet wirksame Strategien zum Management dieses Symptoms.
Ein zentraler Ansatz der Ergotherapie im Umgang mit Fatigue ist die Vermittlung von Energiemanagement-Strategien, oft unter dem Begriff „Pacing“ zusammengefasst. Pacing bedeutet, das eigene Energieniveau bewusst wahrzunehmen und Aktivitäten sowie Pausen über den Tag und die Woche hinweg vorausschauend zu planen. Es geht darum, ein Gleichgewicht zwischen Belastung und Erholung zu finden und die verfügbare Energie gezielt für die wichtigsten Aufgaben und Aktivitäten einzusetzen. Ergotherapeuten helfen Patienten dabei, ihre individuellen Energieräuber und Energiequellen zu identifizieren, Prioritäten zu setzen und einen persönlichen Rhythmus zu entwickeln. Das Ziel des Pacing ist es, das Energielevel möglichst stabil zu halten, Überlastungsspitzen und den darauffolgenden „Crash“ (starke Zunahme der Fatigue) zu vermeiden und somit Fatigue-Schübe zu reduzieren oder abzuschwächen. Die Ergotherapie unterstützt bei der praktischen Umsetzung dieser Prinzipien im Alltag.
Eng verbunden mit dem Pacing ist die Anwendung von energiesparenden Techniken und die Anpassung des Umfelds. Die Ergotherapie analysiert gemeinsam mit dem Patienten dessen Alltagsaktivitäten daraufhin, wie sie mit geringerem Energieaufwand durchgeführt werden können. Dies kann bedeuten, Aufgaben anders zu organisieren (z.B. große Kochaktionen auf mehrere Tage verteilen), alternative Bewegungsmuster zu nutzen (z.B. im Sitzen bügeln oder Gemüse schneiden) oder gezielt Hilfsmittel einzusetzen (z.B. ein Duschhocker, eine Greifzange, ein elektrischer Dosenöffner). Auch die ergonomische Gestaltung des Arbeitsplatzes (zu Hause oder im Beruf) und des Wohnraums kann dazu beitragen, unnötige Anstrengungen zu vermeiden. Eine gut organisierte Küche, ein optimal eingestellter Bürostuhl oder kurze Wege zwischen häufig genutzten Bereichen können signifikant Energie sparen und helfen, die Fatigue zu managen.
Die Entwicklung einer sinnvollen Tagesstruktur und ein effektives Pausenmanagement sind weitere wichtige Bausteine, die die Ergotherapie im Kampf gegen die Fatigue vermittelt. Viele Menschen mit MS erleben einen schwankenden Energieverlauf über den Tag. Ergotherapeuten unterstützen dabei, eine Tages- und Wochenstruktur zu etablieren, die diesen individuellen Energieverlauf berücksichtigt. Anspruchsvolle Tätigkeiten sollten idealerweise in Zeiten hoher Energie gelegt werden, während Phasen geringerer Energie für leichtere Aufgaben oder bewusste Pausen genutzt werden. Dabei ist es wichtig zu lernen, dass Pausen nicht erst dann eingelegt werden sollten, wenn die Erschöpfung bereits spürbar ist, sondern präventiv, um das Energielevel zu schonen. Kurze, regelmäßige Erholungspausen können oft effektiver sein als wenige lange Pausen. Die Ergotherapie hilft, diese Strukturierung und das Pausenmanagement individuell zu planen und im Alltag zu verankern, um die Auswirkungen der Fatigue zu minimieren.
Quellen:
- https://www.studysmarter.de/ausbildung/ausbildung-in-der-medizin/ergotherapeut-ausbildung/ergotherapie-bei-multipler-sklerose/
- https://digitalcollection.zhaw.ch/bitstreams/4bd48e13-5967-49cb-8a2e-0aec800bc399/download
Hilfsmittelberatung und -training in der Ergotherapie bei MS
Hilfsmittel können für Menschen mit Multipler Sklerose (MS) eine entscheidende Rolle spielen, um Einschränkungen in verschiedenen Lebensbereichen zu kompensieren, die Selbstständigkeit zu erhöhen, die Sicherheit zu verbessern und Energie zu sparen. Die Ergotherapie ist der zentrale Ansprechpartner für eine umfassende Hilfsmittelberatung und das anschließende Training im Umgang mit diesen Hilfsmitteln.
Die Palette an potenziell nützlichen Hilfsmitteln bei MS ist breit und deckt unterschiedliche Bedarfe ab. Ergotherapeuten verfügen über das Wissen, um einen Überblick über relevante Optionen zu geben und deren Eignung im Einzelfall zu prüfen. Hier einige Beispiele, kategorisiert nach Funktionsbereichen:
- Für die Selbstversorgung:
- Anziehhilfen: Knöpfhilfen, Reißverschlusshilfen, Strumpfanzieher, elastische Schnürsenkel.
- Ess- und Trinkhilfen: Spezielles Besteck mit verdickten oder gebogenen Griffen, Schneidebretter mit Fixierung, Becher mit speziellen Griffen oder Aussparungen.
- Badhilfen: Duschhocker, Badewannensitz, Badewannenlifter, Haltegriffe, langer Schwamm oder Bürste.
- Toilettenhilfen: Toilettensitzerhöhung, Stützgriffe.
- Für die Mobilität:
- Gehhilfen: Gehstöcke (Einpunkt-, Mehrpunktstöcke), Unterarmgehstützen, Rollatoren (Standard, Indoor, Outdoor).
- Greifhilfen: Greifzangen zum Aufheben von Gegenständen vom Boden oder aus Regalen.
- Rollstühle: Manuelle Rollstühle, Elektrorollstühle, Scooter (Elektromobile) für längere Wegstrecken.
- Transferhilfen: Rutschbretter, Drehscheiben, Patientenlifter.
- Für Feinmotorik, Arbeit und Kommunikation:
- Schreibhilfen: Verdickte Stifte, Griffhilfen für Stifte.
- Computer-/Tastaturhilfen: Ergonomische Tastaturen, spezielle Mäuse (Trackball, Vertikalmaus), Software zur Spracherkennung.
- Haushalts- und Werkstatthilfen: Ergonomisch geformte Messer, Dosenöffner, Flaschenöffner; angepasste Werkzeuge.
Die Auswahl des richtigen Hilfsmittels ist entscheidend für dessen Nutzen. Die Ergotherapie unterstützt Patienten aktiv bei diesem Auswahl- und Anpassungsprozess. Es reicht nicht aus, ein Hilfsmittel nur zu kennen; es muss individuell zum Nutzer, dessen spezifischen Einschränkungen, seinen Fähigkeiten, seinem Wohnumfeld und seinen Zielen passen. Der Ergotherapeut analysiert den Bedarf, lässt den Patienten verschiedene Hilfsmittel erproben und berät hinsichtlich Funktionalität, Handhabung und Komfort. Dabei werden auch Aspekte wie die Finanzierung bzw. Kostenübernahme durch Krankenkassen oder andere Kostenträger thematisiert und bei der Antragstellung unterstützt. Gegebenenfalls sind individuelle Anpassungen am Hilfsmittel notwendig, um eine optimale Nutzung zu ermöglichen – auch hierbei hilft die Ergotherapie. Ziel ist es, ein Hilfsmittel zu finden, das nicht nur funktional ist, sondern auch vom Patienten akzeptiert und sinnvoll in den Alltag integriert wird.
Nach der Auswahl und Anpassung ist das Training im Umgang mit dem Hilfsmittel ein essenzieller Bestandteil der ergotherapeutischen Intervention. Ein Hilfsmittel kann nur dann sein volles Potenzial entfalten, wenn der Nutzer es sicher, effektiv und möglichst energiesparend anwenden kann. Die Ergotherapie leitet den Patienten detailliert an und übt den korrekten Gebrauch in alltagsrelevanten Situationen. Beim Rollatortraining geht es beispielsweise nicht nur um das Gehen auf gerader Strecke, sondern auch um das Überwinden von Schwellen, das sichere Hinsetzen und Aufstehen oder das Navigieren in engen Räumen. Beim Umgang mit Anziehhilfen wird die Technik so lange geübt, bis sie flüssig und selbstverständlich abläuft. Dieses Training ist nicht nur für die Selbstständigkeit wichtig, sondern auch für die Sicherheit, insbesondere bei Hilfsmitteln, die die Mobilität unterstützen. Es trägt dazu bei, Stürze zu vermeiden und dem Nutzer Vertrauen in seine Fähigkeiten und das Hilfsmittel zu geben.
Quellen:
- https://www.ms-klinik.de/de/leistungsspektrum/therapie/ergotherapie.html
- https://ergotherapie-lenniger.de/mulitple-sklerose/
- https://dve.info/service/presse/383-leben-mit-multipler-sklerose
Weitere wichtige Bereiche der ergotherapeutischen Unterstützung bei MS
Neben den Kernbereichen Mobilität, Fatigue-Management und Hilfsmittelversorgung deckt die Ergotherapie bei Multipler Sklerose (MS) noch weitere wichtige Felder ab, die für die Lebensqualität und Alltagsbewältigung der Betroffenen von großer Bedeutung sind.
Ein signifikanter Anteil von Menschen mit MS erlebt im Krankheitsverlauf kognitive Einschränkungen. Diese können sich in unterschiedlichen Bereichen zeigen, wie z.B. verlangsamte Informationsverarbeitung, Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen, Beeinträchtigungen des Gedächtnisses (insbesondere des Arbeitsgedächtnisses) oder Schwierigkeiten bei Planungs- und Problemlösefähigkeiten (Exekutivfunktionen). Solche kognitiven Defizite können den Alltag, die Berufstätigkeit und soziale Interaktionen erheblich erschweren. Die Ergotherapie bietet hier spezifische Unterstützung durch kognitives Training an. Dies kann computergestützte Trainingsprogramme umfassen, aber auch alltagsnahe Übungen und vor allem das Erarbeiten von Kompensationsstrategien beinhalten. Dazu gehören beispielsweise Techniken zur Verbesserung der Organisation (z.B. Nutzung von Kalendern, To-Do-Listen, Erinnerungshilfen), Strategien zur Strukturierung von Aufgaben oder Methoden zur Verbesserung der Konzentration in reizintensiven Umgebungen. Ziel ist es, die Auswirkungen der kognitiven Einschränkungen auf den Alltag zu minimieren und die geistige Leistungsfähigkeit bestmöglich zu nutzen.
Sensibilitätsstörungen gehören ebenfalls zu den häufigen Symptomen bei MS. Diese können sich als Taubheitsgefühle (Hypästhesie), Kribbeln oder „Ameisenlaufen“ (Parästhesien), Schmerzen oder eine veränderte Wahrnehmung von Temperatur und Berührung äußern. Solche Störungen können nicht nur unangenehm sein, sondern auch die Feinmotorik, das Gleichgewicht und die allgemeine Körperwahrnehmung beeinträchtigen, was wiederum das Risiko für Verletzungen erhöhen kann (z.B. Verbrennungen bei herabgesetztem Temperaturempfinden). Die Ergotherapie setzt hier mit Sensibilitätstraining an. Durch gezielte Übungen soll die Wahrnehmung für verschiedene Reize (z.B. Druck, Texturen, Temperaturen, Vibration) verbessert werden (Affolter-Modell, Perfetti-Konzept). Es geht darum, die Verarbeitung sensorischer Informationen im Gehirn anzuregen und die Aufmerksamkeit auf die betroffenen Körperregionen zu lenken. Auch der Einsatz von taktilen Materialien (z.B. Igelbälle, Rapsbäder, verschiedene Stoffe) kann Teil des Trainings sein. Ziel ist es, die Oberflächen- und Tiefensensibilität zu fördern und Strategien zum Umgang mit den Missempfindungen im Alltag zu entwickeln.
Die Diagnose einer chronischen, unheilbaren Erkrankung wie der Multiplen Sklerose stellt für die Betroffenen und ihre Angehörigen oft eine erhebliche psychische Belastung dar. Die Auseinandersetzung mit dem ungewissen Krankheitsverlauf, den körperlichen Einschränkungen, der Fatigue und den möglichen sozialen und beruflichen Konsequenzen erfordert einen Anpassungsprozess. Die Ergotherapie bietet in diesem Kontext auch psychosoziale Unterstützung an. Ergotherapeuten helfen bei der Krankheitsbewältigung, indem sie Raum für Gespräche über Ängste und Sorgen bieten, Bewältigungsstrategien (Coping) fördern und dabei unterstützen, trotz der Erkrankung eine positive Lebensperspektive zu entwickeln. Sie fördern die emotionale Stabilität und unterstützen die Patienten dabei, ihre sozialen Rollen und Aktivitäten aufrechtzuerhalten oder neu zu gestalten. Die Stärkung der Selbstwirksamkeit und die Förderung der Teilhabe am sozialen Leben sind zentrale Aspekte dieser Unterstützung, die dazu beitragen, Isolation vorzubeugen und die psychische Resilienz im Umgang mit der Multiplen Sklerose zu stärken.
Quellen:
- https://www.studysmarter.de/ausbildung/ausbildung-in-der-medizin/ergotherapeut-ausbildung/ergotherapie-bei-multipler-sklerose/
- https://ergotherapie-lenniger.de/mulitple-sklerose/
- https://dve.info/service/presse/383-leben-mit-multipler-sklerose
Wie finde ich eine passende Ergotherapie-Praxis für Multiple Sklerose?
Wenn Sie oder ein Angehöriger von Multipler Sklerose (MS) betroffen sind und die vielfältigen Unterstützungsmöglichkeiten der Ergotherapie nutzen möchten, stellt sich die Frage, wie man eine geeignete Therapie und einen qualifizierten Therapeuten findet. Der Weg zur Ergotherapie und die Auswahl der richtigen Praxis sind wichtige Schritte, um eine optimale Behandlung zu gewährleisten.
Der erste Schritt zur Inanspruchnahme von Ergotherapie ist in der Regel der Gang zum Arzt. Ergotherapie ist eine Heilmittelbehandlung, die ärztlich verordnet werden muss. Diese Verordnung (oft als „Rezept“ bezeichnet) kann sowohl vom Hausarzt als auch von einem Facharzt ausgestellt werden. Bei Multipler Sklerose ist der behandelnde Neurologe oft der primäre Ansprechpartner für die Verordnung von Ergotherapie, da er die spezifischen Bedürfnisse im Kontext der neurologischen Erkrankung am besten einschätzen kann. Auf der Verordnung werden die Diagnose (MS), die Leitsymptomatik (z.B. Einschränkungen der Mobilität, Fatigue, kognitive Störungen) und die Therapieziele festgehalten. Die Anzahl der verordneten Therapieeinheiten und die Frequenz (z.B. 1-2 Mal pro Woche) werden ebenfalls festgelegt. Mit dieser Verordnung können Sie dann eine Ergotherapie-Praxis aufsuchen.
Bei der Auswahl einer Ergotherapie-Praxis ist es entscheidend, auf die Qualifikation und Erfahrung der Therapeuten im Bereich der Neurologie zu achten. Nicht jede Praxis ist gleichermaßen auf die Behandlung von Patienten mit Multipler Sklerose (MS) spezialisiert. Fragen Sie bei der Kontaktaufnahme gezielt nach, ob die Therapeuten Erfahrung mit MS-Patienten haben und ob sie über entsprechende Fortbildungen im Fachbereich Neurologie verfügen (z.B. Bobath-Konzept, Perfetti, PNF, spezielle Fatigue-Management-Programme, kognitives Training nach Stengel oder RehaCom). Empfehlungen von Ihrem behandelnden Neurologen oder anderen Ärzten können sehr hilfreich sein. Auch MS-Selbsthilfegruppen oder die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) können oft Auskunft über spezialisierte Therapeuten in Ihrer Region geben. Ein persönliches Erstgespräch oder ein Telefonat kann ebenfalls helfen, einen Eindruck von der Praxis und der Expertise der Therapeuten zu gewinnen. Achten Sie darauf, ob individuell auf Ihre Bedürfnisse eingegangen wird und ob Sie sich gut aufgehoben fühlen.
Neben niedergelassenen Ergotherapie-Praxen gibt es auch spezialisierte Einrichtungen, die oft eine besonders umfassende Betreuung für Menschen mit MS anbieten. Dazu gehören Reha-Kliniken mit einem neurologischen Schwerpunkt, spezialisierte MS-Zentren oder Ambulanzen an Krankenhäusern. Diese Einrichtungen arbeiten häufig interdisziplinär, das heißt, Ergotherapie, Physiotherapie, Logopädie, Neurologie, Psychologie und Sozialdienst arbeiten eng zusammen. Dies ermöglicht eine ganzheitliche und gut koordinierte Behandlung, die auf die komplexen Bedürfnisse von MS-Patienten zugeschnitten ist. Auch einige größere Ergotherapie-Praxen haben sich auf den Fachbereich Neurologie spezialisiert und bieten ein breites Spektrum an Therapiemethoden und oft auch Gruppenangebote (z.B. Fatigue-Management-Gruppen, kognitive Trainingsgruppen) an. Informieren Sie sich über solche spezialisierten Angebote in Ihrer Nähe.
Quellen:
- https://ergotherapie-lenniger.de/mulitple-sklerose/
- https://dve.info/service/presse/383-leben-mit-multipler-sklerose
- https://www.studysmarter.de/ausbildung/ausbildung-in-der-medizin/ergotherapeut-ausbildung/ergotherapie-bei-multipler-sklerose/
- https://www.ms-klinik.de/de/leistungsspektrum/therapie/ergotherapie.html
Fazit: Ergotherapie als Schlüssel zur Lebensqualität bei Multipler Sklerose
Die Ergotherapie stellt einen unverzichtbaren und hochwirksamen Bestandteil im umfassenden Management der Multiplen Sklerose (MS) dar. Wie dieser Artikel aufgezeigt hat, bietet sie eine breite Palette an individuell angepassten Strategien und Interventionen, die darauf abzielen, die Selbstständigkeit und Handlungsfähigkeit von Betroffenen im Alltag zu maximieren. Von der Verbesserung der Mobilität durch gezielte Übungen und Transfertraining über das Erlernen effektiver Techniken zum Umgang mit der belastenden Fatigue bis hin zur kompetenten Beratung und Schulung im Umgang mit Hilfsmitteln – die Ergotherapie setzt an den konkreten Problemen an, die die MS im täglichen Leben verursacht. Sie berücksichtigt dabei nicht nur motorische, sondern auch sensorische, kognitive und psychosoziale Aspekte der Erkrankung. Das übergeordnete Ziel ist stets die Steigerung der Lebensqualität und die Ermöglichung einer größtmöglichen Teilhabe am sozialen und beruflichen Leben trotz der neurologischen Erkrankung.
Angesichts der vielfältigen Vorteile sollten Menschen mit Multipler Sklerose die Möglichkeiten der Ergotherapie aktiv für sich nutzen. Sie ist keine passive Behandlungsform, sondern erfordert die Mitarbeit und das Engagement des Patienten. Doch der Einsatz lohnt sich: Durch die Ergotherapie können Betroffene lernen, ihre Ressourcen optimal zu nutzen, Kompensationsstrategien zu entwickeln und ihren Alltag so anzupassen, dass sie ihre persönlichen Ziele erreichen und ihre Energie effektiver einsetzen können. Dies führt nicht nur zu einer konkreten Erleichterung bei alltäglichen Verrichtungen, sondern stärkt auch das Gefühl der Selbstwirksamkeit und Kontrolle über das eigene Leben. Zögern Sie nicht, diese wertvolle Unterstützung im Alltag in Anspruch zu nehmen, um Ihre Handlungsfähigkeit bestmöglich zu erhalten oder wiederzugewinnen.
Wenn Sie von MS betroffen sind und das Gefühl haben, Unterstützung bei der Bewältigung Ihres Alltags zu benötigen, ist der nächste Schritt klar: Sprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt, insbesondere Ihrem Neurologen, über die Vorteile der Ergotherapie. Erkundigen Sie sich nach einer Verordnung und lassen Sie sich gegebenenfalls bei der Suche nach einem qualifizierten Ergotherapeuten mit Erfahrung im Bereich Neurologie und MS beraten. Eine frühzeitige und kontinuierliche ergotherapeutische Begleitung kann einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, den Herausforderungen der Multiplen Sklerose erfolgreich zu begegnen und ein aktives und erfülltes Leben zu führen. Nutzen Sie die Chance, die Ihnen die Ergotherapie bietet.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
(Hier könnten spezifische Fragen und Antworten zur Ergotherapie bei MS eingefügt werden, z.B. zur Kostenübernahme, Dauer der Therapie, Unterschied zur Physiotherapie etc.)