Leitfaden Abrechnung in der Ergotherapie: So rechnen Sie korrekt ab
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Key Takeaways
- Korrekte Abrechnung ist entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg von Ergotherapiepraxen.
- Fehler können zu Honorarkürzungen und Absetzungen durch Kostenträger führen.
- Die Heilmittelverordnung (Muster 13) ist die Grundlage der GKV-Abrechnung und muss sorgfältig geprüft werden.
- Die Heilmittelrichtlinie (HMR) definiert die Regeln für Verordnung und Abrechnung.
- Der Abrechnungsprozess umfasst Dokumentation, Zuordnung von Positionsnummern und Einreichung (direkt oder über Abrechnungszentren).
- Verschiedene Kostenträger (GKV, PKV, BG, Selbstzahler) haben unterschiedliche Anforderungen.
- Honorare sind in der GKV vertraglich festgelegt, in der PKV frei verhandelbar (Behandlungsvertrag empfohlen).
- Häufige Fehler (Formfehler, Fristen, Dokumentation) sollten durch standardisierte Prozesse und Software vermieden werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung: Die Wichtigkeit der korrekten Abrechnung
- Grundlagen der Abrechnung in der Ergotherapie: Der rechtliche Rahmen
- Die Heilmittelverordnung (Rezept) als Ausgangspunkt für die Abrechnung
- Die Heilmittelrichtlinie (HMR) verstehen und für die Ergotherapie-Abrechnung anwenden
- Der Abrechnungsprozess in der Ergotherapie Schritt für Schritt
- Kostenträger in der Ergotherapie: Wer zahlt die Abrechnung?
- Honorare und Vergütung in der Ergotherapie-Abrechnung
- Häufige Fehlerquellen bei der Abrechnung vermeiden
- Softwarelösungen zur Unterstützung der Abrechnung
- Fazit: Erfolgreiche Abrechnung als Basis
Einleitung: Die Wichtigkeit der korrekten Abrechnung in der Ergotherapie
Die korrekte Abrechnung in der Ergotherapie stellt für viele Praxen eine signifikante Herausforderung dar. Gleichzeitig ist sie ein absolut essenzieller Baustein für den wirtschaftlichen Erfolg und die Stabilität der therapeutischen Einrichtung. Fehler in diesem komplexen Prozess können nicht nur zu ärgerlichen Verzögerungen führen, sondern auch empfindliche finanzielle Einbußen nach sich ziehen.
Eine präzise und fehlerfreie Abrechnung ist der Schlüssel zur Sicherung der Liquidität Ihrer Praxis. Sie beugt effektiv Honorarkürzungen oder gar vollständigen Absetzungen durch die Kostenträger vor. Die Einhaltung der formalen und inhaltlichen Vorgaben ist daher keine reine Formsache, sondern eine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit. Nur wer die Regeln kennt und anwendet, kann sicherstellen, dass die erbrachten therapeutischen Leistungen auch angemessen und zeitnah vergütet werden.
Dieser Leitfaden dient Ihnen als praktische Orientierungshilfe im Dschungel der Abrechnungsvorschriften. Er liefert Ihnen detaillierte Abrechnungshinweise und beleuchtet die wichtigsten Aspekte, die Sie im Zusammenhang mit der Verordnung, der Heilmittelrichtlinie, den verschiedenen Kostenträgern und den geltenden Honoraren beachten müssen. Ziel ist es, Ihnen das nötige Wissen an die Hand zu geben, um Ihre Abrechnung korrekt, effizient und erfolgreich zu gestalten.
Grundlagen der Abrechnung in der Ergotherapie: Der rechtliche Rahmen
Die Abrechnung ergotherapeutischer Leistungen ist kein willkürlicher Prozess, sondern basiert auf einem klar definierten gesetzlichen Rahmen. Die zentrale Rechtsgrundlage für die Vergütung und Abrechnung von Heilmitteln, zu denen auch die Ergotherapie zählt, bildet das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Insbesondere § 125 SGB V ist hier von entscheidender Bedeutung. Dieser Paragraph regelt die Versorgung mit Heilmitteln und bildet die Basis für die Rahmenverträge, die zwischen den Spitzenorganisationen der Heilmittelerbringer (Berufsverbände) und den gesetzlichen Krankenkassen (Kostenträger) auf Bundes- oder Landesebene geschlossen werden. Diese Verträge legen die Details der Leistungserbringung und Vergütung fest und sind somit maßgeblich für die tägliche Abrechnungspraxis.
Am Prozess der Abrechnung sind verschiedene Akteure beteiligt, deren Zusammenspiel reibungslos funktionieren muss. Der Ergotherapeut fungiert als Leistungserbringer und ist für die fachgerechte Behandlung sowie die korrekte Dokumentation und Abrechnung verantwortlich. Der verordnende Arzt stellt die medizinische Notwendigkeit fest und stellt die Heilmittelverordnung aus. Der Patient empfängt die Leistung und bestätigt deren Durchführung. Die Krankenkasse oder ein anderer Versicherungsträger agiert als Kostenträger, prüft die eingereichte Abrechnung und leistet die Vergütung. In vielen Fällen schalten Praxen auch externe Abrechnungszentren als Dienstleister ein, die den Abrechnungsprozess übernehmen und administrative Aufgaben erleichtern. Das Verständnis der Rollen und Verantwortlichkeiten dieser Akteure ist grundlegend für eine erfolgreiche Abrechnung.
Die Heilmittelverordnung (Rezept) als Ausgangspunkt für die Abrechnung
Die ärztliche Verordnung, formal als Heilmittelverordnung Muster 13 bekannt, ist die unverzichtbare Grundlage für jede Abrechnung ergotherapeutischer Leistungen zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Ohne eine gültige und korrekt ausgestellte Verordnung kann keine Leistung mit dem Kostenträger abgerechnet werden. Sie ist der „Fahrschein“ für die Therapie und die anschließende Vergütung.
Für Ergotherapeuten ergibt sich daraus eine wichtige Prüfpflicht. Jede eingehende Verordnung muss *vor* Beginn der ersten Behandlungseinheit sorgfältig auf ihre formale und inhaltliche Korrektheit überprüft werden. Diese Prüfung muss sich an den Vorgaben der Heilmittelrichtlinie orientieren. Zu den essenziellen Angaben, die vollständig und korrekt vorhanden sein müssen, zählen:
- Vollständige und korrekte Patientendaten (Name, Geburtsdatum, Adresse, Versichertenstatus, Krankenkasse).
- Die korrekte Diagnosegruppe gemäß Heilmittelkatalog (z.B. SB1, PS2, EN1).
- Die relevante Leitsymptomatik (ggf. mit Spezifizierung a, b oder c oder als patientenindividuelle Leitsymptomatik).
- Das verordnete Heilmittel gemäß Heilmittelkatalog (z.B. motorisch-funktionelle Behandlung, Hirnleistungstraining).
- Die verordnete Behandlungsmenge (Anzahl der Einheiten).
- Die empfohlene Therapiefrequenz pro Woche.
- Der Arztstempel und die rechtsgültige Unterschrift des verordnenden Arztes.
- Das Ausstellungsdatum der Verordnung.
Eine Besonderheit stellt die sogenannte Blankoverordnung dar. Seit 2021 kann diese für bestimmte Diagnosen, beispielsweise bei spezifischen Arthroseformen der Hände, ausgestellt werden. Bei einer Blankoverordnung legt der Arzt lediglich die Diagnose und die Diagnosegruppe fest. Die Auswahl des spezifischen Heilmittels, die Frequenz der Behandlungseinheiten und die Gesamtdauer der Therapie obliegen dann der Entscheidung des qualifizierten Ergotherapeuten. Dieser muss sich dabei jedoch stets innerhalb des Rahmens bewegen, den die Heilmittelrichtlinie für die jeweilige Diagnosegruppe vorgibt. Die Abrechnung erfolgt dann auf Basis der vom Therapeuten festgelegten und durchgeführten Leistungen.
Leider sind Fehler auf Verordnungen eine häufige Ursache für Absetzungen und Probleme bei der Abrechnung. Typische Fehlerquellen sind unvollständige oder unleserliche Angaben, eine fehlende Arztunterschrift, das Überschreiten der Frist für den Behandlungsbeginn (in der Regel muss die Therapie innerhalb von 28 Tagen nach Ausstellungsdatum beginnen, Abweichungen sind jedoch möglich und in den Verträgen geregelt) oder eine unklare bzw. nicht richtlinienkonforme Angabe der Diagnose oder Leitsymptomatik. Jeder dieser Fehler kann die gesamte Abrechnung der Verordnung gefährden. Eine penible Prüfung ist daher unerlässlich.
Die Heilmittelrichtlinie (HMR) verstehen und für die Ergotherapie-Abrechnung anwenden
Die Heilmittelrichtlinie (HMR), erlassen vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), ist das zentrale Steuerungsinstrument für die Verordnung von Heilmitteln, einschließlich der Ergotherapie, zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in Deutschland. Sie bildet das maßgebliche Regelwerk für Ärzte bei der Verordnung und für Therapeuten bei der Leistungserbringung und der anschließenden Abrechnung mit den GKV-Kostenträgern. Ihre genaue Kenntnis ist für eine korrekte Abrechnung unerlässlich.
Die HMR definiert detailliert die Rahmenbedingungen für die Heilmittelversorgung. Zu ihren wesentlichen Inhalten gehören:
- Indikationen: Sie legt fest, bei welchen Diagnosen und gesundheitlichen Störungen eine Ergotherapie als Kassenleistung verordnungsfähig ist.
- Heilmittelkatalog: Dieser ist Bestandteil der HMR und listet die spezifischen ergotherapeutischen Maßnahmen auf, die verordnet werden können. Dazu zählen beispielsweise die motorisch-funktionelle Behandlung, die sensomotorisch-perzeptive Behandlung, das Hirnleistungstraining/die neuropsychologisch orientierte Behandlung oder die psychisch-funktionelle Behandlung.
- Diagnosegruppen: Der Heilmittelkatalog ordnet die verordnungsfähigen Heilmittel spezifischen Diagnosegruppen zu (z.B. Erkrankungen des Stütz- und Bewegungssystems – SB, psychische Störungen – PS, neurologische Erkrankungen – EN). Die korrekte Zuordnung auf der Verordnung ist entscheidend für die Abrechnung.
- Verordnungsmengen: Die HMR gibt eine orientierende Behandlungsmenge je Verordnung sowie eine Höchstmenge je Regelfall vor. Bei Überschreitung (Verordnung außerhalb des Regelfalls) ist ggf. eine Genehmigung durch den Kostenträger erforderlich.
- Frequenzempfehlungen: Die Richtlinie enthält Empfehlungen zur Häufigkeit der Behandlungseinheiten pro Woche, an denen sich die Verordnung orientieren soll.
Die Heilmittelrichtlinie ist kein statisches Dokument. Sie wird vom G-BA regelmäßig überprüft und bei Bedarf angepasst, um medizinischen Erkenntnissen oder veränderten Versorgungsnotwendigkeiten Rechnung zu tragen. Wichtige Änderungen der letzten Jahre umfassten beispielsweise Vereinfachungen bei der Verordnung und die Einführung der bereits erwähnten Blankoverordnung im Jahr 2021. Für Ergotherapeuten ist es daher von großer Bedeutung, sich kontinuierlich über die jeweils aktuelle Fassung der HMR und des Heilmittelkatalogs zu informieren, um Fehler bei der Leistungsannahme und Abrechnung zu vermeiden.
Die aktuell gültige Fassung der Heilmittelrichtlinie sowie der dazugehörige Heilmittelkatalog sind öffentlich zugänglich. Sie können jederzeit auf der Website des Gemeinsamen Bundesausschusses (www.g-ba.de) sowie auf der Website der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (www.kbv.de) eingesehen und heruntergeladen werden. Diese offiziellen Quellen sollten die primäre Informationsbasis für alle Fragen rund um die Verordnung und Abrechnung von Ergotherapie im GKV-Bereich sein.
Der Abrechnungsprozess in der Ergotherapie Schritt für Schritt
Nachdem die Verordnung geprüft und die Therapie gemäß den Vorgaben der Heilmittelrichtlinie durchgeführt wurde, folgt der eigentliche Abrechnungsprozess. Dieser beginnt bereits während der Behandlung mit einer sorgfältigen Dokumentation. Jede einzelne erbrachte Therapieeinheit muss nachvollziehbar dokumentiert werden. Dazu gehören mindestens das Datum der Behandlung, die erbrachte Leistung (entsprechend der Verordnung und den Positionsnummern), die Dauer der Einheit und die Unterschrift des Patienten (oder eines Vertreters) als Bestätigung des Leistungsempfangs. Diese lückenlose Dokumentation ist die unerlässliche Grundlage für die spätere Abrechnung gegenüber dem Kostenträger.
Ist eine Verordnung vollständig abgearbeitet (oder wurde sie regelkonform abgebrochen), beginnt die Vorbereitung der Abrechnung. Dazu werden alle relevanten Unterlagen zusammengestellt: die geprüfte, vollständig behandelte und von Patientenseite quittierte Verordnung sowie die dazugehörigen Behandlungsnachweise. Anschließend müssen den erbrachten Leistungen die korrekten Positionsnummern (auch Leistungsziffern genannt) zugeordnet werden. Diese Positionsnummern und die dazugehörigen Preise (Honorare) sind in den Verträgen mit den jeweiligen Kostenträgern festgelegt und können je nach Kasse und Bundesland variieren.
Für die eigentliche Einreichung der Abrechnung gibt es grundsätzlich zwei Wege:
- Direktabrechnung: Die Ergotherapiepraxis rechnet die Leistungen direkt mit dem jeweiligen Kostenträger ab. Im GKV-Bereich erfolgt dies heute standardmäßig über den elektronischen Datenträgeraustausch (DTA) gemäß § 302 SGB V. Dies erfordert eine geeignete Praxissoftware, die das DTA-Verfahren unterstützt, sowie genaue Kenntnisse der spezifischen Anforderungen des jeweiligen Kostenträgers (z.B. Datenformate, Verschlüsselung).
- Abrechnung über ein Abrechnungszentrum: Viele Praxen entscheiden sich dafür, die Abrechnung an einen externen Dienstleister, ein sogenanntes Abrechnungszentrum (wie z.B. das DMRZ), auszulagern. Dieser Dienstleister übernimmt die Prüfung der Unterlagen, die Erstellung der Abrechnungsdaten, den Datenträgeraustausch mit den Kostenträgern und oft auch das Forderungsmanagement. Der Vorteil liegt in der Zeitersparnis und dem Know-how-Transfer, dem stehen jedoch die Gebühren des Dienstleisters gegenüber.
Ein kritischer Punkt im Abrechnungsprozess sind die Fristen. Für die Einreichung der Abrechnung bei den gesetzlichen Krankenkassen (Kostenträger) gelten vertraglich vereinbarte Fristen. Häufig beträgt diese Frist neun Monate nach Abschluss des letzten Behandlungstermins, der auf der jeweiligen Verordnung dokumentiert ist. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass diese Frist je nach Rahmenvertrag und Bundesland variieren kann. Das Versäumen dieser Frist führt in der Regel zum vollständigen Verlust des Honorar-Anspruchs für die betreffende Verordnung. Eine termingerechte Einreichung ist daher zwingend erforderlich für die Liquidität der Ergotherapie-Praxis.
Kostenträger in der Ergotherapie: Wer zahlt die Abrechnung?
Die Landschaft der Kostenträger in der Ergotherapie ist vielfältig. Je nachdem, wie der Patient versichert ist oder aus welchem Grund die Behandlung erfolgt, muss die Abrechnung an unterschiedliche Stellen gerichtet werden. Die Kenntnis der spezifischen Anforderungen jedes Kostenträger-Typs ist entscheidend für eine reibungslose Abwicklung.
Die wichtigsten Kostenträger sind:
- Gesetzliche Krankenkassen (GKV): Der weitaus größte Teil der ergotherapeutischen Leistungen wird über die GKV abgerechnet. Hier sind die Rahmenverträge nach § 125 SGB V und die Heilmittelrichtlinie die maßgeblichen Grundlagen für Verordnung, Leistungserbringung und Abrechnung. Die Honorare sind vertraglich festgelegt.
- Private Krankenversicherungen (PKV): Bei privat versicherten Patienten erfolgt die Abrechnung in der Regel direkt mit dem Patienten selbst, der die Rechnung dann bei seiner PKV einreicht (Ausnahmen bei Direktabrechnungsverträgen möglich). Es gibt keine bundeseinheitliche Gebührenordnung für Heilmittelerbringer wie die GOÄ für Ärzte. Die Honorare können daher zwischen Therapeut und Patient frei vereinbart werden, idealerweise über einen schriftlichen Behandlungsvertrag. Als Orientierungshilfe kann die (unverbindliche) Gebührenübersicht für Therapeuten (GebüTh) dienen, auch die Beihilfevorschriften spielen oft eine Rolle.
- Berufsgenossenschaften (BG) / Unfallkassen: Wenn die Ergotherapie infolge eines Arbeitsunfalls, Wegeunfalls oder einer Berufskrankheit notwendig wird, ist die zuständige Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse der Kostenträger. Hier gelten spezielle Verträge zwischen den Berufsverbänden und den Spitzenverbänden der Unfallversicherungsträger (DGUV), die eigene Leistungsbeschreibungen, Qualitätsanforderungen und Gebührensätze vorsehen. Eine Zulassung zur BG-lichen Heilbehandlung ist erforderlich.
- Selbstzahler: Patienten, die keine ärztliche Verordnung haben, aber dennoch ergotherapeutische Leistungen wünschen (z.B. Präventionskurse, Wellnessanwendungen), oder Patienten, die Leistungen in Anspruch nehmen, die über den Rahmen der GKV- oder PKV-Erstattung hinausgehen, zahlen die Behandlung direkt selbst an die Praxis. Hier basiert die Abrechnung auf einer individuellen Vereinbarung.
Jeder dieser Kostenträger kann spezifische formale Anforderungen an die Abrechnung stellen. Bei der GKV sind dies insbesondere die Vorgaben für den Datenträgeraustausch (DTA nach § 302 SGB V) und die strikte Einhaltung der Heilmittelrichtlinie und der Rahmenverträge. Bei PKV-Rechnungen sind bestimmte Pflichtangaben (z.B. Diagnose, Leistungsziffern, Daten, Honorare) zu beachten, damit der Patient die Erstattung problemlos erhält. Die GKV-Abrechnung basiert immer auf einer Vertragsbindung zwischen Praxis (bzw. deren Verband) und Krankenkasse.
Ein leidiges, aber wichtiges Thema im Zusammenhang mit Kostenträgern sind Absetzungen. Kostenträger, insbesondere die GKV, prüfen eingereichte Rechnungen und können die Vergütung kürzen oder ganz verweigern (Absetzung). Gründe hierfür sind vielfältig: formale Fehler auf der Verordnung (z.B. fehlende Angaben, ungültiges Datum), Nichteinhaltung von Fristen (Behandlungsbeginn, Abrechnungsfrist), fehlende Genehmigungen (z.B. bei Verordnungen außerhalb des Regelfalls), Abrechnung nicht verordneter oder nicht erbrachter Leistungen. Bei einer Absetzung ist es wichtig, den Grund genau zu prüfen. Handelt es sich um einen korrigierbaren Fehler, kann die Abrechnung ggf. berichtigt und neu eingereicht werden. Bei unberechtigten Kürzungen sollte Widerspruch eingelegt werden.
Honorare und Vergütung in der Ergotherapie-Abrechnung
Die Frage nach den Honoraren ist zentral für die Wirtschaftlichkeit einer Ergotherapie-Praxis. Die Höhe der Vergütung für therapeutische Leistungen hängt maßgeblich vom jeweiligen Kostenträger ab und unterliegt unterschiedlichen Regelungen.
- Gesetzliche Krankenversicherung (GKV): Im GKV-Bereich sind die Honorare nicht frei verhandelbar. Die Vergütung für die einzelnen ergotherapeutischen Leistungen (definiert durch Positionsnummern) wird in Verträgen zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen und den Kassenärztlichen Vereinigungen einerseits und den maßgeblichen Berufsverbänden der Ergotherapeuten andererseits festgelegt. Diese Verträge und die daraus resultierenden Preislisten/Vergütungsvereinbarungen gelten dann verbindlich für alle Abrechnungen mit den gesetzlichen Kostenträgern im jeweiligen Vertragsgebiet (meist Bundesland). Es existieren somit bundesweite bzw. landesweite Preistabellen für GKV-Leistungen der Ergotherapie.
- Private Krankenversicherung (PKV) / Selbstzahler: Anders als im ärztlichen Bereich mit der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) gibt es für Heilmittelerbringer wie Ergotherapeuten keine bundesweit gültige und rechtlich bindende Gebührenordnung für die Abrechnung mit Privatpatienten oder Selbstzahlern. Die Honorare sind hier grundsätzlich frei verhandelbar. Es ist dringend zu empfehlen, vor Behandlungsbeginn einen schriftlichen Behandlungsvertrag mit dem Patienten abzuschließen, der die zu erbringenden Leistungen und die vereinbarten Honorare klar regelt. Als Orientierungshilfe für die Preisgestaltung kann die Gebührenübersicht für Therapeuten (GebüTh) dienen, die von den Berufsverbänden herausgegeben wird. Diese Liste ist jedoch, anders als die GKV-Preise, nicht bindend und stellt lediglich eine Kalkulationsgrundlage dar. Die Angemessenheit der Honorare kann im Streitfall gerichtlich überprüft werden, wobei oft ortsübliche Preise als Maßstab herangezogen werden.
- Berufsgenossenschaften (BG): Für die Behandlung von Patienten nach Arbeitsunfällen oder bei Berufskrankheiten gelten wiederum eigene Gebührensätze. Diese sind in den Verträgen zwischen den Therapeutenverbänden und den Unfallversicherungsträgern festgelegt und weichen in der Regel von den GKV- und PKV-Honoraren ab.
Die jeweils aktuellen GKV-Vergütungslisten und die dazugehörigen Positionsnummern sind die Basis für eine korrekte Abrechnung im Kassensystem. Sie finden sich in den gültigen Rahmenverträgen und Preisvereinbarungen. Berufsverbände und Abrechnungszentren stellen diese Informationen ihren Mitgliedern bzw. Kunden in der Regel zur Verfügung. Die Verwendung der korrekten Positionsnummer und des dazugehörigen gültigen Preises zum Zeitpunkt der Leistungserbringung ist entscheidend, um das volle vereinbarte Honorar zu erhalten.
Es zeigt sich ein klarer Zusammenhang: Nur eine Abrechnung, die formal korrekt ist, den Vorgaben der Heilmittelrichtlinie entspricht und auf den gültigen Verträgen mit dem jeweiligen Kostenträger basiert, sichert den Anspruch auf die vollständigen vereinbarten Honorare und damit den wirtschaftlichen Erfolg der Ergotherapie-Praxis.
Häufige Fehlerquellen bei der Abrechnung vermeiden
Trotz aller Sorgfalt können im komplexen Prozess der Abrechnung Fehler passieren. Diese führen oft zu ärgerlichen Nachfragen, Kürzungen oder Absetzungen durch die Kostenträger und kosten wertvolle Zeit und Geld. Die Kenntnis der häufigsten Fehlerquellen ist der erste Schritt zur Vermeidung.
Typische Stolpersteine bei der Abrechnung sind:
- Formfehler auf der Verordnung: Wie bereits im Abschnitt zur Verordnung beschrieben, sind unvollständige, unleserliche oder fehlerhafte Angaben (Patientendaten, Diagnose, Leitsymptomatik, Arztunterschrift, Datum etc.) ein Hauptgrund für Beanstandungen.
- Falsche oder fehlende Positionsnummern/Leistungsziffern: Jeder ergotherapeutischen Leistung ist eine spezifische Positionsnummer zugeordnet, die für die Abrechnung verwendet werden muss. Die Verwendung einer falschen oder veralteten Nummer führt unweigerlich zu Problemen.
- Nichteinhalten der Abrechnungsfristen: Das Versäumen der vertraglich vereinbarten Fristen zur Einreichung der Abrechnung bei den Kostenträgern (oft 9 Monate nach letztem Behandlungstag bei GKV) führt zum Verlust des Honorar-Anspruchs.
- Unzureichende oder fehlerhafte Dokumentation: Eine lückenhafte oder nicht nachvollziehbare Dokumentation der erbrachten Leistungen (fehlende Daten, Unterschriften) kann die Rechtmäßigkeit der Abrechnung in Frage stellen.
- Fehlende oder falsch verbuchte Patientenzuzahlung: Gesetzlich Versicherte müssen in der Regel eine Zuzahlung leisten. Diese muss korrekt berechnet, eingezogen und bei der Abrechnung mit dem Kostenträger berücksichtigt werden. Fehler hierbei können zu Differenzen führen.
- Abrechnung nicht genehmigter Leistungen: Insbesondere bei Verordnungen außerhalb des Regelfalls oder bei spezifischen Maßnahmen kann eine vorherige Genehmigung durch den Kostenträger erforderlich sein. Wird diese nicht eingeholt, darf die Leistung nicht abgerechnet werden.
Um diese und andere Fehlerquellen proaktiv zu vermeiden, haben sich in der Praxis folgende Maßnahmen bewährt:
- Standardisierte Prüfprozesse: Etablieren Sie einen festen Arbeitsablauf zur Prüfung jeder eingehenden Verordnung auf Vollständigkeit und Korrektheit gemäß Heilmittelrichtlinie *bevor* die Behandlung beginnt.
- Regelmäßige Schulungen: Sorgen Sie dafür, dass alle Mitarbeiter, die mit der Annahme von Verordnungen, der Dokumentation oder der Abrechnung betraut sind, regelmäßig zu aktuellen Vorschriften (insb. Heilmittelrichtlinie) und internen Prozessen geschult werden.
- Checklisten verwenden: Nutzen Sie Checklisten vor der Einreichung der Abrechnung, um sicherzustellen, dass alle notwendigen Unterlagen vorhanden und korrekt sind (z.B. Verordnung vollständig, alle Termine quittiert, korrekte Positionsnummern, Fristen eingehalten).
- Spezialisierte Praxissoftware nutzen: Der Einsatz einer guten Praxissoftware kann den Abrechnungsprozess erheblich erleichtern und sicherer machen. Solche Systeme enthalten oft integrierte Plausibilitätsprüfungen, die auf Fehler hinweisen (z.B. Abgleich Verordnung mit Heilmittelrichtlinie), verwalten Fristen und halten aktuelle Honorar-Listen und Positionsnummern bereit.
Die Investition in sorgfältige Prozesse und ggf. technische Unterstützung zahlt sich durch eine reduzierte Fehlerquote, weniger Absetzungen und eine schnellere Realisierung der Honorare aus.
Softwarelösungen zur Unterstützung der Abrechnung
Die manuelle Verwaltung und Abrechnung von ergotherapeutischen Leistungen kann, insbesondere bei hohem Patientenaufkommen, sehr zeitaufwendig und fehleranfällig sein. Moderne Softwarelösungen, die speziell für Heilmittelerbringer entwickelt wurden, bieten hier wertvolle Unterstützung und können den gesamten Prozess der Abrechnung erheblich effizienter und sicherer gestalten.
Die Vorteile spezialisierter Praxissoftware liegen auf der Hand:
- Automatisierung: Viele Routineaufgaben lassen sich automatisieren. Dazu gehören die Erstellung von Rechnungen für Privatpatienten und Selbstzahler, die Generierung der Abrechnungsdaten für den elektronischen Datenträgeraustausch (DTA) mit den GKV-Kostenträgern nach § 302 SGB V und oft auch die Verwaltung von Terminen und Patientendaten.
- Fehlervermeidung: Gute Software verfügt über integrierte Plausibilitäts- und Logikprüfungen. Sie kann beispielsweise prüfen, ob die abgerechneten Leistungen zur Diagnosegruppe auf der Verordnung passen, ob die Vorgaben der Heilmittelrichtlinie eingehalten werden oder ob Abrechnungsfristen zu verstreichen drohen. Warnmeldungen weisen den Nutzer auf potenzielle Probleme hin, bevor die Abrechnung eingereicht wird.
- Effizienzsteigerung: Die digitale Erfassung und Verwaltung von Patientendaten, Verordnungen, Behandlungsdokumentationen und Abrechnungen spart Zeit im Vergleich zu papierbasierten Systemen. Informationen sind schneller auffindbar, und Prozesse wie die Rechnungsstellung oder der DTA laufen beschleunigt ab.
- Aktualität: Seriöse Anbieter von Praxissoftware sorgen dafür, dass ihr System stets auf dem neuesten Stand ist. Das betrifft nicht nur technische Aspekte, sondern auch die Integration aktueller Honorar-Listen, Positionsnummern, Regelwerke wie die Heilmittelrichtlinie und gesetzlicher Vorgaben (z.B. im Datenschutz – DSGVO). Anbieter wie das Deutsche Medizinrechenzentrum (DMRZ) bieten solche umfassenden Lösungen an.
Bei der Auswahl einer geeigneten Softwarelösung sollten Praxen auf mehrere Kriterien achten. Dazu gehören eine intuitive Bedienbarkeit und Nutzerfreundlichkeit, die Verfügbarkeit notwendiger Schnittstellen (insbesondere für den DTA mit den Kostenträgern), die zertifizierte Konformität mit allen relevanten gesetzlichen Vorgaben (Datenschutz, Heilmittelrichtlinie, Anforderungen der Kostenträger) und ein zuverlässiger Support durch den Anbieter bei Fragen oder Problemen. Die Investition in eine passende Software ist somit eine Investition in die Zukunftssicherheit und Wirtschaftlichkeit der Ergotherapie-Praxis.
Fazit: Erfolgreiche Abrechnung als Basis
Die Abrechnung in der Ergotherapie ist zweifellos ein komplexes Feld, das Genauigkeit und aktuelles Wissen erfordert. Wie dieser Leitfaden gezeigt hat, hängt der wirtschaftliche Erfolg einer ergotherapeutischen Praxis maßgeblich von einer korrekten und zeitnahen Abrechnung ab. Die Kernpunkte für eine erfolgreiche Abwicklung lassen sich wie folgt zusammenfassen: Es bedarf größter Sorgfalt bei der Prüfung jeder einzelnen Verordnung auf formale und inhaltliche Richtigkeit. Eine genaue Kenntnis und konsequente Anwendung der Heilmittelrichtlinie ist unerlässlich. Die spezifischen Vorgaben der unterschiedlichen Kostenträger müssen beachtet und eingehalten werden. Schließlich ist die korrekte Anwendung der vereinbarten Honorare und Positionsnummern entscheidend.
Als Handlungsempfehlung lässt sich ableiten: Bleiben Sie kontinuierlich informiert über Änderungen, insbesondere bei der Heilmittelrichtlinie und den Verträgen mit den Kostenträgern. Etablieren Sie feste Prüfroutinen und -prozesse in Ihrer Praxis, um Fehlerquellen systematisch zu minimieren. Nutzen Sie die Möglichkeiten der Digitalisierung durch geeignete Praxissoftware. Betrachten Sie die sorgfältige Abrechnung nicht als lästiges bürokratisches Übel, sondern als fundamentalen Bestandteil Ihres Praxismanagements, der die wirtschaftliche Grundlage Ihrer wertvollen therapeutischen Arbeit sichert.
Investieren Sie die nötige Zeit und Aufmerksamkeit in eine saubere und korrekte Abrechnung. Es ist eine Investition, die sich durch gesicherte Liquidität, vermiedene Honorarkürzungen und letztlich mehr Zeit für Ihre Patienten auszahlt. Nutzen Sie die hier gegebenen Abrechnungshinweise als Grundlage für Ihre tägliche Arbeit.