Ergotherapie bei chronischen Schmerzen: Strategien für mehr Lebensqualität und effektives Schmerzmanagement
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Key Takeaways
- Ergotherapie verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz zur Behandlung chronischer Schmerzen, der Körper, Geist und soziales Umfeld einbezieht.
- Ziel ist die Verbesserung der Handlungsfähigkeit im Alltag, die Steigerung der Lebensqualität und die Förderung der Teilhabe trotz Schmerzen.
- Wichtige Strategien umfassen individuelle Schmerzedukation, Pacing (Energiemanagement), Gelenkschutz, Umgebungsanpassungen und Entspannungstechniken.
- Ergotherapie hilft Betroffenen, Kontrolle zurückzugewinnen und aktiv am Leben teilzunehmen, anstatt vom Schmerz beherrscht zu werden.
- Die Behandlung beinhaltet praktische Übungen, Alltagstipps und bei Bedarf die Anpassung von Hilfsmitteln.
Inhaltsverzeichnis
- Was sind chronische Schmerzen und warum erfordern sie einen besonderen Ansatz?
- Die Rolle der Ergotherapie im umfassenden Schmerzmanagement
- Konkrete Strategien aus der Ergotherapie zur Schmerzbewältigung und zum Schmerzmanagement
- Praktische Hilfe im Alltag: Ergotherapeutische Übungen und Tipps bei chronischen Schmerzen
- Ergotherapie für mehr Lebensqualität trotz chronischer Schmerzen
- Wie finde ich die passende ergotherapeutische Unterstützung bei chronischen Schmerzen?
- Zusammenfassung und Fazit: Ergotherapie als starker Partner gegen chronische Schmerzen
Einleitung: Der Teufelskreis chronischer Schmerzen und der Ausweg durch Ergotherapie
Chronische Schmerzen sind weit mehr als nur ein unangenehmes Gefühl. Sie entwickeln sich oft zu einem ständigen Begleiter, der das tägliche Leben massiv beeinflusst. Aktivitäten, die einst Freude bereiteten, werden zur Qual oder unmöglich. Beruf, soziale Kontakte und die allgemeine Lebensqualität leiden erheblich unter der Dauerbelastung. Betroffene fühlen sich häufig unverstanden und in einem Teufelskreis aus Schmerz, Schonung, Inaktivität und psychischer Belastung gefangen. Die Herausforderung chronische Schmerzen greift tief in alle Lebensbereiche ein und führt nicht selten zu Isolation und Resignation.
Hier setzt die Ergotherapie bei chronischen Schmerzen an. Sie bietet einen ganzheitlichen Ansatz, der den Schmerz nicht isoliert betrachtet, sondern als komplexes Geschehen im Zusammenspiel von Körper, Geist und sozialem Umfeld versteht. Ergotherapeut:innen arbeiten Hand in Hand mit den Patient:innen, um deren Handlungsfähigkeit im Alltag trotz Schmerzen zu verbessern oder wiederherzustellen. Es geht darum, individuelle Wege zu finden, um aktiv am Leben teilzunehmen und die Kontrolle zurückzugewinnen.
Dieser Artikel beleuchtet, wie Ergotherapie konkrete Hilfen und Strategien zur Schmerzbewältigung bereitstellt. Er zeigt auf, wie dieser Therapieansatz ein essenzieller Baustein im multimodalen Schmerzmanagement ist und maßgeblich zur Verbesserung der Lebensqualität beitragen kann. Wir erfüllen damit die Suchintention vieler Betroffener und Fachpersonen, die nach effektiven Wegen im Umgang mit chronischen Schmerzen suchen.
Was sind chronische Schmerzen und warum erfordern sie einen besonderen Ansatz?
Chronische Schmerzen unterscheiden sich grundlegend von akuten Schmerzen. Während akuter Schmerz eine wichtige Warnfunktion des Körpers darstellt und typischerweise nach Abheilung der Ursache verschwindet, persistieren chronische Schmerzen über einen Zeitraum von mehr als drei bis sechs Monaten. Sie können sich von der ursprünglichen Verletzung oder Erkrankung loslösen und zu einem eigenständigen Krankheitsbild entwickeln, dem sogenannten chronischen Schmerzsyndrom. Das Schmerzgedächtnis des Körpers spielt hierbei eine zentrale Rolle, indem es Schmerzsignale auch ohne akuten Auslöser aufrechterhält oder verstärkt. Diese Persistenz und Verselbstständigung macht die Behandlung komplexer.
Die Auswirkungen chronischer Schmerzen gehen weit über das rein körperliche Empfinden hinaus. Sie können zu Schonhaltungen führen, die wiederum neue Beschwerden wie Muskelverspannungen oder Gelenkprobleme verursachen. Viel gravierender sind jedoch oft die psychischen und sozialen Folgen. Anhaltende Schmerzen können Angstzustände, Depressionen, Schlafstörungen und soziale Isolation begünstigen. Die ständige Auseinandersetzung mit dem Schmerz raubt Energie, beeinträchtigt die Konzentration und mindert die Fähigkeit, am beruflichen und sozialen Leben teilzunehmen. All dies führt zu einer drastischen Reduzierung der individuellen Lebensqualität. Der ganzheitliche Ansatz der Ergotherapie ist daher unerlässlich, um diesen vielschichtigen Auswirkungen gerecht zu werden.
Die Rolle der Ergotherapie im umfassenden Schmerzmanagement
Die Ergotherapie nimmt im interdisziplinären Schmerzmanagement eine zentrale Rolle ein, da sie sich primär auf die Handlungsfähigkeit und die Bewältigung des Alltags konzentriert. Ihr Ansatz ist klientenzentriert und betätigungsorientiert. Das bedeutet, der Fokus liegt darauf, wie chronische Schmerzen die Fähigkeit einer Person beeinflussen, für sie bedeutungsvolle Aktivitäten in den Bereichen Selbstversorgung, Produktivität (Arbeit, Haushalt) und Freizeit durchzuführen. Ergotherapeut:innen betrachten den Menschen ganzheitlich nach dem biopsychosozialen Modell: Sie berücksichtigen körperliche Faktoren (Schmerz, Bewegungseinschränkungen), psychische Aspekte (Stimmung, Motivation, Schmerzverarbeitung) und soziale sowie umweltbezogene Einflüsse (Wohnsituation, Arbeitsplatz, soziale Unterstützung). Ziel ist es, die Handlungsfähigkeit trotz Schmerzen zu erhalten oder wiederherzustellen.
Die übergeordneten Ziele der Ergotherapie im Schmerzmanagement zielen direkt auf die Verbesserung der Lebensqualität ab. Es geht darum, Patient:innen zu befähigen, trotz ihrer chronischen Schmerzen ein möglichst selbstständiges und erfülltes Leben zu führen. Konkret bedeutet dies:
- Wiedererlangung oder Erhalt der Selbstständigkeit bei alltäglichen Verrichtungen.
- Förderung der aktiven Teilhabe am sozialen, beruflichen und gesellschaftlichen Leben.
- Steigerung der Lebensfreude durch die (Wieder-)Aufnahme bedeutungsvoller Betätigungen.
- Entwicklung individueller Strategien zur Schmerzbewältigung und zum Energiemanagement.
- Verbesserung der Selbstwirksamkeitserwartung – also des Glaubens an die eigene Fähigkeit, Herausforderungen meistern zu können.
- Reduzierung von schmerzbedingten Ängsten und Vermeidungsverhalten.
Die Ergotherapie unterstützt Patient:innen dabei, nicht mehr nur vom Schmerz beherrscht zu werden, sondern wieder aktiv das eigene Leben gestalten zu können.
Konkrete Strategien aus der Ergotherapie zur Schmerzbewältigung und zum Schmerzmanagement
Die Ergotherapie bietet ein breites Spektrum an Methoden und Strategien, um Patient:innen im Umgang mit chronischen Schmerzen zu unterstützen. Ein zentraler Baustein ist die Schmerzedukation. Hierbei geht es darum, Wissen über die komplexen Mechanismen von Schmerz zu vermitteln. Patient:innen lernen, wie Schmerz entsteht, warum er chronisch werden kann und welche Faktoren ihn beeinflussen. Dieses Verständnis hilft, irrationale Ängste abzubauen und den Schmerz nicht mehr als unkontrollierbare Bedrohung wahrzunehmen. Ergotherapeut:innen nutzen verschiedene Werkzeuge zur Unterstützung, wie etwa das Führen von Schmerztagebüchern, um Muster und Auslöser zu erkennen. Auch Visualisierungstechniken wie PRISM (Pictorial Representation of Illness and Self Measure) können eingesetzt werden, um die subjektive Bedeutung des Schmerzes und dessen Einfluss auf das Selbstbild darzustellen und bearbeitbar zu machen. Eine fundierte Edukation ist die Basis für ein erfolgreiches Schmerzmanagement.

Ein weiterer wichtiger Ansatz im ergotherapeutischen Schmerzmanagement ist das Pacing und Energiemanagement. Viele Schmerzpatient:innen neigen dazu, an „guten Tagen“ über ihre Belastungsgrenzen hinauszugehen, was oft zu einer nachfolgenden Schmerzverstärkung und Erschöpfung führt („Pacing-Falle“). Pacing bedeutet, Aktivitäten bewusst so zu planen und aufzuteilen, dass die individuellen Energiereserven und Schmerzgrenzen berücksichtigt werden. Es geht darum, ein Gleichgewicht zwischen Aktivität und Ruhe zu finden. Ergotherapeut:innen helfen dabei, den eigenen Energiehaushalt realistisch einzuschätzen, Aktivitäten zu priorisieren und über den Tag oder die Woche zu verteilen. Dies beinhaltet das Setzen realistischer Ziele und das bewusste Einplanen von Pausen, bevor Schmerz oder Erschöpfung überhandnehmen. So kann ein kontinuierlicheres Aktivitätsniveau erreicht und die Angst vor Belastung reduziert werden. Dies ist einer der wesentlichen Alltagstipps zur Vermeidung von Überlastung.
Die Anwendung von Gelenkschutzprinzipien und Arbeitsplatz-/Umgebungsanpassungen ist ebenfalls ein Kernbereich der Ergotherapie bei chronischen Schmerzen, insbesondere bei muskuloskelettalen Beschwerden. Mittels genauer Betätigungsanalysen identifizieren Ergotherapeut:innen schmerzauslösende oder -verstärkende Bewegungen und Haltungen im Alltag, bei der Arbeit oder in der Freizeit. Darauf aufbauend werden gemeinsam Lösungen erarbeitet. Dies kann das Erlernen gelenkschonender Bewegungsabläufe beinhalten (z.B. Heben schwerer Gegenstände, Arbeiten am Computer). Ebenso wichtig sind ergonomische Anpassungen der Umwelt: Die Gestaltung des Arbeitsplatzes (z.B. Stuhlhöhe, Bildschirmposition), Anpassungen im Haushalt (z.B. Griffverdickungen an Werkzeugen, erhöhte Arbeitsflächen) oder die Auswahl geeigneter Sitzmöbel können Belastungen signifikant reduzieren und die Durchführung von Tätigkeiten erleichtern. Diese praktischen Alltagstipps tragen direkt zur Schmerzlinderung und zum Erhalt der Handlungsfähigkeit bei.
Schließlich integriert die Ergotherapie auch achtsamkeitsbasierte Verfahren und Entspannungstechniken in das Schmerzmanagement. Chronischer Schmerz ist oft eng mit Stress, Anspannung und negativen Gedankenmustern verbunden, die den Schmerz wiederum verstärken können. Techniken wie die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson helfen, muskuläre Verspannungen bewusst wahrzunehmen und zu lösen. Achtsamkeitsübungen (z.B. Body Scan, achtsames Atmen) schulen die Fähigkeit, körperliche Empfindungen, Gedanken und Gefühle wertfrei wahrzunehmen, ohne sich von ihnen überwältigen zu lassen. Dies kann die Schmerzwahrnehmung positiv beeinflussen und den Teufelskreis aus Schmerz, Stress und Anspannung durchbrechen. Ziel ist nicht unbedingt die Schmerzfreiheit, sondern ein veränderter, akzeptierenderer Umgang mit dem Schmerz und eine Reduzierung des schmerzbedingten Leidensdrucks.
Praktische Hilfe im Alltag: Ergotherapeutische Übungen und Tipps bei chronischen Schmerzen
Die Ergotherapie nutzt gezielte, angepasste Übungen, um die körperlichen Folgen chronischer Schmerzen zu adressieren und die allgemeine Belastbarkeit zu steigern. Hierbei geht es nicht um Hochleistungssport, sondern um sanfte, individuell dosierte Bewegungs-, Dehnungs- oder Kräftigungsübungen. Beispiele hierfür sind:
- Sanfte Gelenkmobilisationen, um die Beweglichkeit zu erhalten oder zu verbessern und Gelenksteifigkeit zu reduzieren.
- Leichte Dehnungsübungen zur Linderung von Muskelverspannungen.
- Stabilisations- und Kräftigungsübungen für Rumpf- und Haltemuskulatur, um Schonhaltungen entgegenzuwirken und die Körperhaltung zu verbessern.
- Koordinations- und Gleichgewichtsübungen zur Verbesserung der Bewegungssicherheit.
Wichtiger Hinweis: Alle Übungen müssen stets individuell von einer qualifizierten Ergotherapeutin oder einem qualifizierten Ergotherapeuten auf den Zustand, die Schmerzsymptomatik und die Belastbarkeit des Patienten abgestimmt werden. Eine unsachgemäße Durchführung kann Schmerzen verstärken. Ziel ist es, durch regelmäßige, angepasste Bewegung die Funktion zu verbessern und Schmerzlinderung zu unterstützen.
Neben spezifischen Übungen liefert die Ergotherapie eine Fülle an konkreten Alltagstipps, die darauf abzielen, tägliche Aufgaben schmerzärmer, energiesparender und selbstständiger zu gestalten. Diese praktischen Hilfen können die Lebensqualität erheblich verbessern. Beispiele für solche Alltagstipps sind:
- Kochen: Verwendung von Küchenhelfern mit ergonomischen Griffen (z.B. Messer, Schäler), Arbeiten im Sitzen, Nutzung von Schneidebrettern mit Fixierung, Aufteilung der Arbeitsschritte mit Pausen.
- Putzen und Hausarbeit: Einsatz von Wischmopps mit langem Stiel, rückenschonende Bück- und Hebetechniken, Verwendung leichterer Reinigungsgeräte, Aufteilung der Aufgaben über die Woche (Pacing).
- An- und Auskleiden: Nutzung von Anziehhilfen (z.B. Strumpfanzieher, lange Schuhlöffel, Greifzangen), Wahl bequemer Kleidung mit einfachen Verschlüssen, Anziehen im Sitzen.
- Allgemeine Tagesstruktur: Bewusstes Einplanen von Ruhepausen und Erholungszeiten, Priorisierung von Aufgaben, Anwendung von Pacing-Strategien.
- Körperpflege: Einsatz von Duschhockern oder Badewannenliftern, Verwendung von Bürsten mit langem Stiel.
Diese Anpassungen helfen, Energiereserven zu schonen und Schmerzspitzen durch Überlastung zu vermeiden.
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Ergotherapie ist die Beratung und Anpassung von Hilfsmitteln. Wenn bestimmte Tätigkeiten aufgrund von Schmerzen, Kraftverlust oder Bewegungseinschränkungen schwierig werden, können Hilfsmittel eine wertvolle Unterstützung sein, um Selbstständigkeit zu erhalten und Belastungen zu reduzieren. Ergotherapeut:innen analysieren den individuellen Bedarf und beraten zur Auswahl und Handhabung geeigneter Hilfsmittel. Dies umfasst eine breite Palette:
- Greifhilfen: Greifzangen zum Aufheben von Gegenständen ohne Bücken.
- Haushaltshilfen: Angepasstes Besteck mit dicken Griffen, Öffnungshilfen für Gläser und Flaschen, rutschfeste Unterlagen.
- Badezimmerhilfen: Duschhocker, Badewannensitze, Toilettensitzerhöhungen, Haltegriffe.
- Anziehhilfen: Knopfhaken, Strumpfanzieher, elastische Schnürsenkel.
- Mobilitätshilfen: Gehstöcke, Rollatoren (in Koordination mit Physiotherapie).
- Ergonomische Hilfsmittel: Ergonomische Stühle, Stehpulte, spezielle Kissen zur Lagerung.
Der sinnvolle und akzeptierte Einsatz von Hilfsmitteln kann entscheidend dazu beitragen, den Alltag zu erleichtern und Ressourcen für andere, wichtigere Aktivitäten freizusetzen. Diese Alltagstipps und Anpassungen sind ein integraler Bestandteil der ergotherapeutischen Intervention.
Ergotherapie für mehr Lebensqualität trotz chronischer Schmerzen
Der ultimative Maßstab für den Erfolg der Ergotherapie bei chronischen Schmerzen ist die Verbesserung der individuellen Lebensqualität. Die erlernten Strategien – von Schmerzmanagement-Techniken über angepasste Übungen bis hin zu praktischen Alltagstipps – wirken auf verschiedenen Ebenen zusammen, um dieses Ziel zu erreichen. Indem Patient:innen lernen, ihre Aktivitäten besser zu steuern (Pacing), schmerzauslösende Faktoren zu minimieren (Gelenkschutz, Ergonomie) und ihre Schmerzwahrnehmung positiv zu beeinflussen (Entspannung, Achtsamkeit), gewinnen sie ein Gefühl der Kontrolle zurück. Dieses gestärkte Gefühl der Selbstwirksamkeit ist ein entscheidender Faktor für psychische Stabilität. Wenn der Schmerz nicht mehr das gesamte Denken und Handeln dominiert, entsteht Raum für positive Erfahrungen und eine Verschiebung des Fokus weg vom Leiden hin zu den verbleibenden Fähigkeiten und Möglichkeiten. Die Lebensqualität steigt, auch wenn der Schmerz nicht vollständig verschwindet.
Ein zentrales Anliegen der Ergotherapie ist die Förderung der Teilhabe an bedeutungsvollen Aktivitäten. Chronische Schmerzen führen oft dazu, dass Betroffene sich aus sozialen Kontakten zurückziehen, Hobbys aufgeben und möglicherweise ihren Beruf nicht mehr ausüben können. Dies verstärkt das Gefühl von Verlust und Isolation und mindert die Lebensqualität drastisch. Die Ergotherapie arbeitet gezielt daran, diesen Kreislauf zu durchbrechen. Gemeinsam mit dem/der Patient:in werden individuelle Ziele definiert, die sich auf die (Wieder-)Aufnahme wichtiger Lebensbereiche beziehen. Das kann die Rückkehr an den angepassten Arbeitsplatz sein, die Fähigkeit, wieder am Familienleben teilzunehmen, soziale Kontakte zu pflegen oder ein geliebtes Hobby wieder aufzunehmen, vielleicht in modifizierter Form. Indem die Ergotherapie hilft, Barrieren zu überwinden und die Teilnahme an für die Person wichtigen Betätigungen ermöglicht, trägt sie entscheidend zur Wiederherstellung von Sinnhaftigkeit, Zufriedenheit und damit zur Steigerung der Lebensqualität bei.
Wie finde ich die passende ergotherapeutische Unterstützung bei chronischen Schmerzen?
Wenn Sie unter chronischen Schmerzen leiden und Ergotherapie als Behandlungsoption in Betracht ziehen, ist der erste Schritt oft das Gespräch mit Ihrem behandelnden Arzt oder Ihrer Ärztin (z.B. Hausarzt, Orthopäde, Neurologe, Schmerztherapeut). Ergotherapie ist eine anerkannte Heilmittelbehandlung und wird in der Regel ärztlich verordnet (Rezept). Ihr Arzt kann Ihnen möglicherweise bereits spezialisierte Ergotherapeut:innen oder Praxen empfehlen, die Erfahrung in der Behandlung von chronischen Schmerzen haben. Alternativ können Sie Therapeutensuchdienste von Berufsverbänden (z.B. Deutscher Verband Ergotherapie e.V. – DVE) nutzen oder gezielt nach Praxen suchen, die Schmerztherapie als Schwerpunkt angeben. Achten Sie auf Qualifikationen oder Weiterbildungen im Bereich der speziellen Schmerz-Ergotherapie.
Der Ablauf einer ergotherapeutischen Behandlung bei chronischen Schmerzen ist immer individuell, folgt aber typischerweise einem strukturierten Prozess. Am Anfang steht eine ausführliche Befunderhebung. Diese umfasst:
- Anamnese: Erfassung der Krankheitsgeschichte, der aktuellen Schmerzsymptomatik, bisheriger Behandlungen und der persönlichen Lebenssituation.
- Betätigungsanalyse: Gemeinsame Identifikation von Aktivitäten im Alltag (Selbstversorgung, Produktivität, Freizeit), die durch die Schmerzen beeinträchtigt sind und für den/die Patient:in wichtig sind.
- Assessment: Gegebenenfalls Einsatz standardisierter Tests oder Fragebögen zur Erfassung von Schmerzintensität, Funktionsfähigkeit, Lebensqualität oder psychischer Belastung.
Auf Basis dieser Befunde werden gemeinsam mit dem/der Patient:in realistische Therapieziele formuliert. Anschließend werden die passenden ergotherapeutischen Strategien (wie Schmerzedukation, Pacing, Gelenkschutz, Entspannungstechniken, Hilfsmittelberatung, Übungen) ausgewählt, erklärt und eingeübt. Ein wichtiger Teil ist der Transfer der erlernten Strategien in den konkreten Alltag des/der Patient:in. Der Therapieverlauf wird regelmäßig überprüft und die Ziele bei Bedarf angepasst.
Zusammenfassung und Fazit: Ergotherapie als starker Partner gegen chronische Schmerzen
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Ergotherapie chronische Schmerzen auf eine umfassende und effektive Weise adressiert. Sie ist weit mehr als nur eine passive Behandlungsform; sie ist ein aktiver Prozess, der Patient:innen befähigt, trotz ihrer Beschwerden wieder handlungsfähiger und selbstbestimmter zu werden. Durch ihren ganzheitlichen Ansatz, der Körper, Psyche und soziales Umfeld berücksichtigt, und ihr breites Repertoire an individuell angepassten Strategien – von Schmerzmanagement-Techniken wie Pacing und Edukation über praktische Alltagstipps und ergonomische Anpassungen bis hin zu spezifischen Übungen und Hilfsmittelberatung – bietet die Ergotherapie wertvolle Werkzeuge zur Bewältigung des Schmerzalltags. Sie ist somit ein unverzichtbarer Partner im multimodalen Behandlungskonzept für chronische Schmerzen. Das Hauptziel ist dabei stets die Verbesserung der Teilhabe und die Steigerung der individuellen Lebensqualität.
Wenn Sie selbst oder Angehörige von chronischen Schmerzen betroffen sind, ermutigen wir Sie, die Ergotherapie als eine wirksame Möglichkeit zur Verbesserung Ihres Umgangs mit dem Schmerz und zur Steigerung Ihrer Lebensqualität in Betracht zu ziehen. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin über eine mögliche Verordnung oder suchen Sie proaktiv den Kontakt zu einer auf Schmerztherapie spezialisierten ergotherapeutischen Praxis. Der Weg zu einem besseren Leben trotz Schmerzen beginnt oft mit dem ersten Schritt, aktiv nach Unterstützung zu suchen und die vielfältigen Möglichkeiten der Ergotherapie zu nutzen. Übernehmen Sie die Initiative für Ihr Wohlbefinden.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Übernimmt die Krankenkasse die Kosten für Ergotherapie bei chronischen Schmerzen?
Ja, Ergotherapie ist ein anerkanntes Heilmittel. Wenn ein Arzt oder eine Ärztin die Behandlung bei chronischen Schmerzen für medizinisch notwendig erachtet, kann er/sie eine Heilmittelverordnung (Rezept) ausstellen. Mit diesem Rezept werden die Kosten in der Regel von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen, abzüglich des gesetzlichen Eigenanteils (Zuzahlung), sofern keine Befreiung vorliegt. Bei privaten Krankenversicherungen hängt die Kostenübernahme vom jeweiligen Tarif ab.
Wie lange dauert eine Ergotherapie-Behandlung bei chronischen Schmerzen?
Die Dauer der ergotherapeutischen Behandlung ist sehr individuell und hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der Art und Intensität der Schmerzen, den vereinbarten Zielen, der Komplexität der Problematik und dem Therapieverlauf. Eine Verordnung umfasst meist eine bestimmte Anzahl von Therapieeinheiten (z.B. 10 Einheiten). Oft sind jedoch mehrere Verordnungen notwendig, um nachhaltige Erfolge zu erzielen. Die Behandlung kann sich über mehrere Wochen bis Monate erstrecken.
Ist Ergotherapie auch bei sehr starken Schmerzen sinnvoll?
Gerade bei starken chronischen Schmerzen kann Ergotherapie sehr sinnvoll sein. Der Fokus liegt dann oft weniger auf direkter Schmerzreduktion durch Übungen (obwohl dies auch ein Ziel sein kann), sondern vielmehr auf dem Erlernen von Bewältigungsstrategien. Dazu gehören Pacing (angepasstes Aktivitätsmanagement zur Vermeidung von Überlastung), Schmerzedukation (Verständnis der Schmerzmechanismen), Entspannungstechniken und Anpassungen im Alltag, um trotz starker Schmerzen handlungsfähig zu bleiben und die Lebensqualität zu verbessern. Ergotherapeut:innen passen die Intensität und Art der Interventionen stets an die aktuelle Belastbarkeit an.