Donnerstag, 24.April 2025
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Palliativversorgung: Wie Ergotherapie die Lebensqualität am Lebensende verbessert

Palliativversorgung: Wie Ergotherapie die Lebensqualität am Lebensende verbessert

Geschätzte Lesezeit: 14 Minuten

Key Takeaways

  • Ziel der Palliativversorgung: Verbesserung der Lebensqualität bei unheilbaren Krankheiten, nicht Heilung. Linderung von physischen, psychosozialen und spirituellen Symptomen steht im Fokus.
  • Rolle der Ergotherapie: Ein integraler Bestandteil des multiprofessionellen Palliativteams, der auf Handlungsfähigkeit, Selbstbestimmung und bedeutungsvolle Betätigung bis zuletzt abzielt.
  • Förderung der Lebensqualität: Ergotherapie unterstützt bei Selbstversorgung, produktiven und Freizeitaktivitäten durch Anpassungen, Hilfsmittel und Training.
  • Symptommanagement: Ergotherapeutische Methoden ergänzen die Schmerztherapie (Lagerung, Entspannung) und helfen beim Management von Atemnot, Fatigue und Angst.
  • Autonomie und Würde: Durch Hilfsmittelberatung und -training sowie Anpassung von Alltagsfertigkeiten wird die Selbstständigkeit gefördert.
  • Psychosoziale Unterstützung: Ergotherapie begleitet bei der Krankheitsverarbeitung, fördert Kommunikation und bindet Angehörige ein.
  • Geriatrische Palliativversorgung: Ergotherapie adressiert spezifische Herausforderungen wie Multimorbidität, kognitive Einschränkungen und Gebrechlichkeit bei älteren Patienten.

Inhaltsverzeichnis

Die letzte Lebensphase stellt Betroffene und ihre Angehörigen vor immense Herausforderungen. In dieser Zeit rücken die Wahrung der Würde und die Sicherung der bestmöglichen Lebensqualität in den Mittelpunkt. Hier setzt die Palliativversorgung an, ein spezialisierter Ansatz der Betreuung. Doch was genau verbirgt sich dahinter und welche Rolle spielt die Ergotherapie in diesem sensiblen Feld?

Palliativversorgung beschreibt die ganzheitliche Betreuung von Patientinnen und Patienten, die an einer fortgeschrittenen, nicht heilbaren Erkrankung leiden. Das primäre Ziel ist nicht die Heilung, sondern die Verbesserung der Lebensqualität. Dies geschieht durch die umfassende Linderung von belastenden Symptomen – seien sie physischer, psychosozialer oder spiritueller Natur. Ein zentraler Aspekt ist dabei oft die effektive Schmerztherapie.

Dieser Artikel beleuchtet die zentrale Frage: Welchen konkreten Beitrag leistet die Ergotherapie innerhalb der Palliativversorgung, um Menschen am Lebensende bestmöglich zu unterstützen? Wir werden untersuchen, wie ergotherapeutische Interventionen zur Steigerung der Lebensqualität beitragen, wie sie das Symptommanagement und insbesondere die Schmerztherapie unterstützen und welche spezifischen Aspekte im Bereich der Geriatrie, der Versorgung älterer Menschen, relevant sind. Die Ergotherapie erweist sich als Schlüsselkomponente, um Autonomie und bedeutungsvolle Aktivität bis zuletzt zu ermöglichen.

Quellen:

Was ist Palliativversorgung? Definition und Ziele im Fokus

Die Palliativversorgung ist ein umfassendes Betreuungskonzept, das sich an Menschen mit unheilbaren, fortschreitenden und weit fortgeschrittenen Erkrankungen mit begrenzter Lebenserwartung richtet. Ihr oberstes Ziel ist es, Leiden zu lindern und eine möglichst hohe Lebensqualität für die Patientinnen und Patienten sowie deren Angehörige bis zum Tod zu gewährleisten. Dabei spielt die verbleibende Lebenszeit keine Rolle; der Fokus liegt auf dem Wohlbefinden im Hier und Jetzt.

Im Gegensatz zur kurativen Medizin, die auf Heilung abzielt, konzentriert sich die Palliativversorgung auf die Kontrolle belastender Symptome. Dazu gehören nicht nur körperliche Beschwerden wie Schmerzen, Atemnot, Übelkeit oder Fatigue, sondern auch psychische, soziale und spirituelle Nöte wie Angst, Depression, soziale Isolation oder Sinnfragen. Eine effektive Schmerztherapie, die medikamentöse und nicht-medikamentöse Ansätze kombiniert, ist dabei ein zentraler Baustein, um physisches Leid zu minimieren und die Lebensqualität zu verbessern.

Die Palliativversorgung versteht sich als multiprofessioneller Ansatz. Sie wird von einem Team aus verschiedenen Fachdisziplinen erbracht, die eng zusammenarbeiten. Zu diesem Team gehören typischerweise Ärztinnen und Ärzte, spezialisierte Pflegekräfte (Palliative Care Nurses), Psychologinnen und Psychologen, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, Seelsorgerinnen und Seelsorger sowie Therapeutinnen und Therapeuten verschiedener Fachrichtungen. Die Ergotherapie ist ein fester und wichtiger Bestandteil dieses multiprofessionellen Teams. Sie bringt ihre spezifische Expertise im Bereich der Handlungsfähigkeit und Alltagsbewältigung ein und ergänzt damit die Arbeit der anderen Disziplinen, um eine ganzheitliche Betreuung sicherzustellen.

Quellen:

Die Rolle der Ergotherapie in der Palliativversorgung: Handlungsfähigkeit und Lebensqualität bis zuletzt

Die Ergotherapie leistet einen entscheidenden und unverzichtbaren Beitrag innerhalb der Palliativversorgung. Ihr einzigartiger Fokus liegt auf der Handlungsfähigkeit, der Selbstbestimmung und der Teilhabe der Patientinnen und Patienten am Leben, trotz der oft massiven Einschränkungen durch die fortgeschrittene Erkrankung. Sie zielt darauf ab, das Leben bis zum Schluss so aktiv und bedeutungsvoll wie möglich zu gestalten.

Grundprinzipien und Ziele der Ergotherapie in der Palliativversorgung

Das Kernprinzip der Ergotherapie in der Palliativversorgung ist der Erhalt und die Ermöglichung von Betätigungen, die für die Patientin oder den Patienten eine persönliche Bedeutung haben. Es geht darum, Menschen dabei zu unterstützen, trotz schwerer Krankheit und nahendem Lebensende weiterhin die Dinge tun zu können, die ihnen wichtig sind. Dies umfasst ein breites Spektrum an Aktivitäten:

  • Selbstversorgung: Unterstützung bei grundlegenden täglichen Verrichtungen wie Waschen, Ankleiden, Essen und Trinken, Toilettengang. Ziel ist es, die Selbstständigkeit so lange wie möglich zu erhalten und die Abhängigkeit von anderen zu reduzieren.
  • Produktivität: Hier geht es nicht um Erwerbsarbeit, sondern um sinnstiftende Tätigkeiten. Dies kann das Schreiben von Briefen, das Ordnen persönlicher Dinge, leichte Gartenarbeit oder kreative Beschäftigungen umfassen – Aktivitäten, die dem Tag Struktur geben und ein Gefühl von Kompetenz vermitteln.
  • Freizeit: Ermöglichen von Hobbys und Interessen, die Freude und Entspannung bringen, wie Lesen, Musikhören, Malen, Handarbeiten oder das Beobachten der Natur.
  • Soziale Kontakte: Unterstützung bei der Aufrechterhaltung sozialer Rollen und Beziehungen, etwa durch die Fähigkeit, am Familienessen teilzunehmen, Gäste zu empfangen oder Kommunikationshilfen zu nutzen.

Das übergeordnete Ziel der Ergotherapie in diesem Kontext ist es, die Autonomie, die Würde und die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten bis zuletzt zu fördern und zu bewahren. Es geht darum, ihnen Kontrolle über Aspekte ihres Alltags zurückzugeben und sicherzustellen, dass ihre Wünsche und Bedürfnisse im Mittelpunkt stehen. Die Ergotherapie hilft, das Leben nicht nur zu verlängern, sondern den verbleibenden Tagen mehr Leben zu geben.

Quellen:

Erhalt und Förderung der Lebensqualität durch Aktivität in der Ergotherapie

Ein zentraler Ansatz der Ergotherapie zur Steigerung der Lebensqualität in der Palliativversorgung ist die gezielte Unterstützung bei individuellen Alltagsaktivitäten und bedeutungsvollen Betätigungen. Es geht darum, praktische Lösungen zu finden, damit Patientinnen und Patienten trotz fortschreitender Krankheit weiterhin aktiv am Leben teilhaben können.

Konkrete Beispiele für ergotherapeutische Interventionen sind:

  • Anpassung von Alltagsverrichtungen: Wenn das selbstständige Essen und Trinken schwerfällt, können spezielle Bestecke, rutschfeste Unterlagen oder Trinkhilfen eingesetzt und der Umgang damit geübt werden. Beim Ankleiden helfen Strategien und Hilfsmittel wie lange Schuhlöffel oder Knopfhaken. Beim Schreiben können Griffverdickungen oder alternative Methoden unterstützen.
  • Ermöglichung von Hobbys: Die Ergotherapie sucht kreative Wege, um geliebten Tätigkeiten weiterhin nachgehen zu können. Das kann bedeuten, eine angepasste Sitzposition für das Lesen zu finden, Malutensilien so zu präparieren, dass sie leichter zu greifen sind, oder Hochbeete für die Gartenarbeit im Sitzen oder Rollstuhl zugänglich zu machen. Auch das Musikhören kann durch einfache Bedienhilfen erleichtert werden.
  • Förderung sozialer Teilhabe: Oft ist es ein großer Wunsch, an gemeinsamen Mahlzeiten teilzunehmen oder Besuche zu empfangen. Die Ergotherapie kann durch Anpassung der Sitzposition, Hilfsmittel für die Nahrungsaufnahme oder Energiemanagement-Strategien dazu beitragen, dass dies möglich wird.

Darüber hinaus spielt die Anpassung von Routinen und der Umwelt eine wichtige Rolle:

  • Tagesstrukturierung: Gemeinsam mit der Patientin oder dem Patienten wird eine Tagesstruktur entwickelt, die Aktivitäts- und Ruhephasen sinnvoll abwechselt, um Überforderung zu vermeiden (siehe Energiemanagement bei Fatigue). Dies gibt Sicherheit und Orientierung.
  • Umweltanpassung: Die Wohnumgebung oder das Zimmer im Hospiz oder Krankenhaus wird so gestaltet, dass wichtige Gegenstände leicht erreichbar sind, Wege frei von Stolperfallen sind und die Umgebung den Bedürfnissen entspricht (z.B. optimale Beleuchtung, Reduzierung von störenden Reizen). Dies fördert Sicherheit und Selbstständigkeit.

Durch diese individuell zugeschnittenen Maßnahmen trägt die Ergotherapie maßgeblich dazu bei, dass Patientinnen und Patienten Momente der Freude, des Erfolgs und der Normalität erleben können, was ihre Lebensqualität spürbar verbessert.

Quellen:

Symptommanagement und Unterstützung der Schmerztherapie durch Ergotherapie

Die Linderung belastender Symptome ist ein Kernanliegen der Palliativversorgung, und die Ergotherapie leistet hierzu wertvolle Beiträge, insbesondere auch in Ergänzung zur ärztlichen Schmerztherapie. Während Medikamente oft die Basis der Schmerztherapie bilden, können ergotherapeutische Methoden helfen, Schmerzen zu reduzieren, den Umgang mit ihnen zu erleichtern und die Lebensqualität trotz Schmerzen zu verbessern. Zudem unterstützt die Ergotherapie beim Management anderer häufiger Symptome.

Ergotherapeutische Methoden im Symptommanagement umfassen:

  • Lagerungstechniken: Gezielte Positionierung im Bett oder Stuhl kann Druck von schmerzenden Stellen nehmen (Dekubitusprophylaxe), Gelenke entlasten und schmerzhafte Fehlhaltungen korrigieren. Weiche Lagerungshilfen und spezielle Matratzen können den Komfort erhöhen. Dies unterstützt die medikamentöse Schmerztherapie erheblich.
  • Entspannungstechniken: Anleitung zu und Durchführung von Techniken wie Progressiver Muskelentspannung nach Jacobson, Atemübungen, Achtsamkeitsübungen oder Fantasiereisen können helfen, Muskelverspannungen zu lösen, die Schmerzwahrnehmung positiv zu beeinflussen und Angst zu reduzieren. Regelmäßige Anwendung fördert das allgemeine Wohlbefinden.
  • Atemtherapeutische Techniken: Bei Atemnot (Dyspnoe), einem häufigen und sehr belastenden Symptom, können Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten atemerleichternde Körperhaltungen (z.B. Kutschersitz), Techniken wie die Lippenbremse und Strategien zum Umgang mit Panikattacken bei Luftnot vermitteln. Dies gibt den Betroffenen Werkzeuge an die Hand, um mit der Atemnot besser umzugehen.
  • Energiemanagement-Strategien (Pacing): Fatigue, eine lähmende, krankheitsbedingte Erschöpfung, ist in der Palliativversorgung weit verbreitet. Ergotherapie hilft Patientinnen und Patienten, ihre begrenzten Energiereserven zu erkennen und sinnvoll einzuteilen. Dies beinhaltet das Planen von Aktivitäten, das Setzen von Prioritäten und das Einlegen ausreichender Pausen, um wichtige Betätigungen trotz Erschöpfung durchführen zu können und die Lebensqualität zu sichern.
  • Sensibilitätstraining/Desensibilisierung: Bei Missempfindungen, Taubheitsgefühlen oder Überempfindlichkeiten (z.B. nach Chemotherapie oder bei Nervenschädigungen), die Schmerzen verursachen oder verstärken können, setzt die Ergotherapie gezielte sensorische Stimulationen ein, um die Wahrnehmung zu normalisieren oder den Umgang damit zu erleichtern.

Neben der direkten Unterstützung der Schmerztherapie hilft die Ergotherapie auch beim Umgang mit anderen Symptomen:

  • Angst und Unruhe: Durch beruhigende, repetitive oder vertraute Aktivitäten (z.B. Stricken, Sortieren, Musik hören), die Anpassung der Umgebung (Reduzierung von Lärm, angenehmes Licht) oder Entspannungstechniken kann die Ergotherapie helfen, innere Unruhe und Ängste zu lindern.
  • Übelkeit: Bestimmte Lagerungen oder sehr sanfte, ablenkende Aktivitäten können unterstützend wirken.

Die Ergotherapie arbeitet hierbei eng mit dem Ärzteteam und der Pflege zusammen, um die Interventionen optimal auf die medizinische Behandlung und den Zustand der Patientin oder des Patienten abzustimmen und so die Lebensqualität bestmöglich zu fördern.

Quellen:

Autonomie und Würde bewahren durch Ergotherapie

Ein zentrales Anliegen in der Palliativversorgung ist die Wahrung der Autonomie und Würde des Menschen bis zum Lebensende. Die Ergotherapie trägt maßgeblich dazu bei, indem sie die Selbstständigkeit in bedeutungsvollen Bereichen fördert und den Patientinnen und Patienten ermöglicht, trotz körperlicher Einschränkungen Kontrolle über ihr Leben zu behalten.

Ein wichtiger Baustein hierfür ist die Hilfsmittelberatung, -auswahl und -training:

  • Bedarfsermittlung: Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten analysieren genau, bei welchen Aktivitäten Schwierigkeiten bestehen und welche Art von Unterstützung benötigt wird. Dies geschieht in enger Absprache mit der Patientin oder dem Patienten und oft auch mit den Angehörigen.
  • Auswahl und Anpassung: Basierend auf der Analyse werden geeignete Hilfsmittel identifiziert. Das Spektrum ist breit und reicht von einfachen Alltagshilfen bis zu komplexeren Versorgungslösungen:
    • Essen und Trinken: Angepasstes Besteck mit dicken oder gebogenen Griffen, Teller mit erhöhtem Rand, rutschfeste Unterlagen, spezielle Trinkbecher.
    • Körperpflege und Ankleiden: Lange Waschbürsten, Duschhocker, Toilettensitzerhöhungen, Greifzangen, Anziehhilfen (z.B. für Strümpfe), lange Schuhlöffel.
    • Mobilität: Gehstöcke, Rollatoren, Rollstühle (manuell oder elektrisch), Transferhilfen (z.B. Drehscheiben, Rutschbretter).
    • Kommunikation: Stifte mit Griffverdickung, Kommunikationshilfen bei Sprachverlust (z.B. Buchstabentafeln, elektronische Geräte).
    • Haushalt/Freizeit: Angepasste Küchenutensilien, Greifhilfen für Gegenstände, spezielle Gartengeräte.

    Die Ergotherapie stellt sicher, dass die Hilfsmittel individuell passend sind und gegebenenfalls angepasst werden (z.B. Sitzbreite des Rollstuhls, Höhe des Rollators).

  • Training: Die reine Bereitstellung von Hilfsmitteln reicht oft nicht aus. Die Ergotherapie schult die Patientinnen und Patienten im sicheren und effektiven Umgang mit den Hilfsmitteln, damit diese tatsächlich zur Autonomie beitragen und nicht ungenutzt bleiben. Dies beinhaltet auch das Üben von Transfers (z.B. vom Bett in den Rollstuhl).

Ein weiterer Schwerpunkt ist das Training von Alltagsfertigkeiten unter Berücksichtigung der krankheitsbedingten Einschränkungen:

  • Anpassung von Handlungsabläufen: Wenn beispielsweise ein Arm gelähmt ist, übt die Ergotherapie Einhandtechniken für Tätigkeiten wie Anziehen oder Brotschmieren.
  • Bewegungsökonomie: Vermittlung von rückenschonenden oder kraftsparenden Bewegungsabläufen, um Schmerzen zu vermeiden und Energie zu sparen (wichtig im Kontext der Schmerztherapie und Fatigue).
  • Kompensationsstrategien: Entwicklung von alternativen Wegen, um Ziele zu erreichen, wenn die bisherige Methode nicht mehr möglich ist.

Indem die Ergotherapie die Selbstständigkeit fördert und den Einsatz von Hilfsmitteln ermöglicht, gibt sie den Patientinnen und Patienten ein Stück Kontrolle zurück und stärkt ihr Gefühl von Kompetenz und Würde. Die Fähigkeit, grundlegende Dinge selbst zu tun oder an gewünschten Aktivitäten teilzunehmen, hat einen enormen Einfluss auf das Selbstwertgefühl und die Lebensqualität am Lebensende.

Quellen:

Psychosoziale Begleitung als Teil der Ergotherapie

Die Ergotherapie in der Palliativversorgung beschränkt sich nicht nur auf physische Aspekte und Alltagsaktivitäten, sondern umfasst auch eine wichtige psychosoziale Dimension. Der Fokus auf bedeutungsvolle Betätigung bietet einen einzigartigen Zugang zur emotionalen Welt der Patientinnen und Patienten und ihrer Angehörigen.

Die psychosoziale Begleitung durch Ergotherapie beinhaltet mehrere Aspekte:

  • Unterstützung bei der Krankheitsverarbeitung: Die Konfrontation mit einer lebenslimitierenden Erkrankung löst vielfältige emotionale Reaktionen aus – Angst, Trauer, Wut, Verzweiflung. Die Ergotherapie bietet einen geschützten Raum, in dem diese Gefühle durch Gespräche, aber auch nonverbal durch kreative oder handwerkliche Tätigkeiten Ausdruck finden können. Das gemeinsame Tun, das Erleben von Kompetenz auch in kleinen Dingen, kann stabilisierend wirken und helfen, mit der schwierigen Situation umzugehen. Bedeutungsvolle Betätigung kann ablenken, Struktur geben und positive Momente schaffen, was die Lebensqualität hebt.
  • Förderung der Kommunikation: Krankheit und nahendes Lebensende können die Kommunikation erschweren, sowohl für die Betroffenen selbst als auch im Austausch mit Angehörigen und dem Behandlungsteam. Ergotherapie kann hier unterstützen, indem sie z.B. Kommunikationshilfen bereitstellt und deren Nutzung trainiert (bei Sprach- oder Schreibschwierigkeiten) oder indem sie durch gemeinsame Aktivitäten (z.B. ein Spiel spielen, etwas Kreatives gestalten) eine entspanntere Atmosphäre schafft, in der Gespräche leichter fallen. Sie kann auch helfen, Bedürfnisse und Wünsche nonverbal auszudrücken.
  • Biografiearbeit: Die Auseinandersetzung mit der eigenen Lebensgeschichte kann in der letzten Lebensphase sehr bedeutsam sein. Ergotherapie kann Methoden der Biografiearbeit nutzen, um Erinnerungen Raum zu geben, die Identität zu stärken und einen roten Faden im Leben zu erkennen. Dies kann z.B. durch das Gestalten eines Erinnerungsalbums, das Sortieren von Fotos oder das Erzählen von Lebensgeschichten während einer gemeinsamen Tätigkeit geschehen. Dies stärkt das Selbstwertgefühl und die persönliche Würde.
  • Einbindung von Angehörigen: Die Palliativversorgung betrifft immer auch die Familie und nahestehende Personen. Die Ergotherapie bezieht Angehörige aktiv mit ein. Dies geschieht durch:
    • Beratung: Information über die Erkrankung, die ergotherapeutischen Ziele und Möglichkeiten.
    • Anleitung: Schulung im Umgang mit Hilfsmitteln, bei Transfers oder Lagerungstechniken, um die Pflege zu erleichtern und die Angehörigen zu entlasten. Dies kann auch dazu beitragen, dass Patientinnen und Patienten länger zu Hause bleiben können.
    • Emotionale Unterstützung: Angehörige sind oft selbst stark belastet. Die Ergotherapie kann auch ihnen Raum für Gespräche bieten oder sie in Aktivitäten einbinden, die gemeinsame positive Erlebnisse ermöglichen.

Durch diese psychosozialen Interventionen trägt die Ergotherapie wesentlich dazu bei, das emotionale Wohlbefinden zu fördern, soziale Isolation zu verhindern und die Beziehungen zwischen Patientinnen bzw. Patienten und ihren Nächsten zu stärken, was die Lebensqualität aller Beteiligten verbessert.

Quellen:

Schnittstelle Ergotherapie und Geriatrie in der Palliativversorgung: Besondere Herausforderungen und Chancen

Die Palliativversorgung älterer Menschen, ein Kernbereich der Geriatrie (Altersmedizin), stellt besondere Anforderungen an das gesamte Behandlungsteam, einschließlich der Ergotherapie. Ältere Patientinnen und Patienten bringen häufig spezifische Konstellationen mit, die eine angepasste Herangehensweise erfordern.

Zu den häufigsten Herausforderungen in der geriatrischen Palliativversorgung gehören:

  • Multimorbidität: Ältere Menschen leiden oft an mehreren chronischen Erkrankungen gleichzeitig (z.B. Herzerkrankung, Diabetes, Arthrose, zusätzlich zur lebenslimitierenden Erkrankung). Diese Multimorbidität beeinflusst den Symptomkomplex, die Belastbarkeit und die Therapieoptionen. Die Ergotherapie muss die Auswirkungen aller Erkrankungen auf die Handlungsfähigkeit berücksichtigen.
  • Kognitive Einschränkungen: Demenzielle Erkrankungen oder Delirzustände sind bei älteren Palliativpatientinnen und -patienten häufig. Dies erschwert die Kommunikation, die Compliance bei Therapien (einschließlich der Schmerztherapie) und die Fähigkeit zur Selbstversorgung.
  • Gebrechlichkeit (Frailty): Viele ältere Menschen sind gebrechlich, gekennzeichnet durch geringe körperliche Reserven, erhöhte Anfälligkeit für Stressoren, Muskelschwäche, langsame Gehgeschwindigkeit und Erschöpfung. Dies limitiert die Möglichkeiten für Aktivität und erhöht das Risiko für Komplikationen.
  • Sensorische Einschränkungen: Nachlassendes Seh- und Hörvermögen kann die Kommunikation, die Orientierung, die soziale Teilhabe und die Sicherheit beeinträchtigen.
  • Soziale Isolation: Ältere Menschen leben häufiger allein, haben vielleicht den Partner oder Freunde verloren und sind stärker von sozialer Isolation bedroht, was die psychische Belastung erhöht und die Lebensqualität mindert.

Gerade aufgrund dieser komplexen Gemengelage ist der spezifische Beitrag der Ergotherapie in der geriatrischen Palliativversorgung besonders wertvoll. Die Ergotherapie ist darauf spezialisiert, auf individuelle Bedürfnisse und multiple Einschränkungen einzugehen und ressourcenorientiert zu arbeiten.

Spezifische ergotherapeutische Ansätze in der Geriatrie umfassen:

  • Anpassung bei Demenz: Entwicklung einfacher, vertrauter Aktivitäten, die an frühere Interessen anknüpfen. Einsatz von nonverbaler Kommunikation, Anpassung der Umgebung zur besseren Orientierung und Reduzierung von herausforderndem Verhalten. Validation und basale Stimulation können integriert werden.
  • Sturzprophylaxe im palliativen Kontext: Auch wenn die Mobilität eingeschränkt ist, bleibt Sturzprävention wichtig, um schmerzhafte Verletzungen zu vermeiden. Die Ergotherapie berät zu sicherem Schuhwerk, beseitigt Stolperfallen, passt Hilfsmittel an und trainiert sichere Transfers.
  • Erhalt von Mobilität und Selbstversorgung bei Multimorbidität: Entwicklung individueller Strategien und Einsatz von Hilfsmitteln, um trotz verschiedener Erkrankungen ein Höchstmaß an Selbstständigkeit bei Waschen, Ankleiden, Essen oder Fortbewegung zu ermöglichen. Energiemanagement ist hier besonders wichtig.
  • Schaffung einer angepassten Tagesstruktur: Eine klare, aber flexible Tagesstruktur mit einem Wechsel von Aktivität und Ruhe hilft gerade älteren, oft gebrechlichen oder kognitiv eingeschränkten Menschen, sich zu orientieren, Überforderung zu vermeiden und Sicherheit zu gewinnen.
  • Förderung sozialer Teilhabe: Aktive Suche nach Möglichkeiten, soziale Kontakte zu erhalten oder neu zu knüpfen, z.B. durch Anpassung der Umgebung für Besuche, Nutzung von Kommunikationshilfen bei Hör- oder Seheinschränkungen oder die Begleitung zu Gemeinschaftsaktivitäten, soweit möglich und gewünscht.

Die Ergotherapie spielt somit eine Schlüsselrolle dabei, die spezifischen Herausforderungen der Geriatrie in der Palliativversorgung zu meistern und die Lebensqualität sowie die Autonomie älterer Menschen am Lebensende bestmöglich zu fördern.

Quellen:

Fallbeispiel: Wie Ergotherapie die Lebensqualität steigert

Um die konkrete Wirkung der Ergotherapie in der Palliativversorgung zu verdeutlichen, stellen wir uns Frau Meyer vor, eine 78-jährige Dame (Geriatrie), die an einer fortgeschrittenen Herzinsuffizienz leidet und in einem Hospiz betreut wird. Frau Meyer leidet unter starker Atemnot bei geringster Anstrengung und Schmerzen in den Gelenken bei Bewegung. Zudem fühlt sie sich oft sehr erschöpft (Fatigue) und traurig, da sie ihr geliebtes Hobby, das Beobachten von Vögeln im Garten, nicht mehr ausüben kann. Sie verbringt die meiste Zeit im Bett.

Die Ergotherapeutin wird hinzugezogen, um Frau Meyers Lebensqualität zu verbessern. Nach einer ausführlichen Befunderhebung, die Frau Meyers Wünsche und Ressourcen in den Mittelpunkt stellt, werden folgende Maßnahmen eingeleitet:

  1. Symptommanagement (Atemnot, Schmerztherapie, Fatigue):
    • Die Ergotherapeutin schult Frau Meyer in atemerleichternden Sitzpositionen (z.B. Oberkörper hochgelagert, Arme abgestützt) und vermittelt einfache Atemtechniken (Lippenbremse), die sie bei akuter Atemnot anwenden kann.
    • In Absprache mit dem Ärzteteam und der Pflege werden schonende Bewegungsübergänge vom Liegen zum Sitzen und vom Bett in den Rollstuhl geübt. Dabei werden Techniken eingesetzt, die die Gelenke entlasten und die Schmerztherapie unterstützen. Eine optimale Lagerung im Bett zur Nacht sorgt für mehr Komfort.
    • Gemeinsam wird ein Plan zum Energiemanagement erstellt: Kurze Aktivitätsphasen wechseln sich mit geplanten Ruhepausen ab. Frau Meyer lernt, ihre Kräfte besser einzuschätzen und Prioritäten zu setzen.
  2. Hilfsmittelanpassung und Mobilitätsförderung:
    • Der vorhandene Standard-Rollstuhl wird durch ein Modell mit besserer Polsterung und individueller Anpassung der Sitzhöhe und -tiefe ersetzt. Dies reduziert den Druck auf die schmerzenden Gelenke und verbessert den Sitzkomfort.
    • Frau Meyer wird im sicheren Umgang mit dem angepassten Rollstuhl geschult, insbesondere beim Transfer.
  3. Ermöglichung bedeutungsvoller Aktivität (Lebensqualität):
    • Das zentrale Ziel ist es, Frau Meyer wieder das Vogelbeobachten zu ermöglichen. Durch die verbesserten Transfers, den angepassten Rollstuhl und das Energiemanagement ist es nun möglich, Frau Meyer schmerz- und atemnotärmer zum Fenster oder auf die Terrasse zu fahren.
    • Die Ergotherapeutin sorgt dafür, dass ein Fernglas mit leichter Handhabung bereitliegt und hilft bei der Positionierung, sodass Frau Meyer bequem sitzen und die Vögel beobachten kann.

Ergebnis: Frau Meyer kann nun wieder regelmäßig ihrem Hobby nachgehen. Diese Momente der Freude und des Interesses heben ihre Stimmung deutlich. Sie fühlt sich weniger hilflos und erlebt eine spürbare Verbesserung ihrer Lebensqualität. Die gezielten Maßnahmen zur Symptomlinderung (Unterstützung der Schmerztherapie, Atemnot-Management, Pacing) geben ihr mehr Sicherheit im Alltag. Das Beispiel zeigt eindrücklich, wie Ergotherapie in der Palliativversorgung, insbesondere im Kontext der Geriatrie, durch praktische, patientenzentrierte Lösungen Autonomie fördert und Würde bewahrt.

Quelleninspiration:

Fazit: Ergotherapie – Ein unverzichtbarer Baustein der Palliativversorgung

Die Ergotherapie ist weit mehr als nur eine flankierende Maßnahme; sie ist ein unverzichtbarer und wertvoller Bestandteil der ganzheitlichen Palliativversorgung. Wie dieser Artikel gezeigt hat, liegt ihr einzigartiger Beitrag darin, den Fokus konsequent auf die Handlungsfähigkeit, die Autonomie und die Teilhabe der Patientinnen und Patienten zu legen – bis zum Lebensende.

Die Kernbotschaft ist klar: Ergotherapie trägt entscheidend zur Verbesserung und zum Erhalt der Lebensqualität bei schwerstkranken und sterbenden Menschen bei. Sie ermöglicht es ihnen, trotz fortschreitender Erkrankung und zunehmender Einschränkungen weiterhin die Dinge zu tun, die ihnen persönlich wichtig sind. Sie stärkt die Selbstbestimmung und wahrt die Würde, indem sie praktische Lösungen für alltägliche Herausforderungen bietet, sei es durch Hilfsmittelversorgung, Anpassung der Umwelt oder das Training von Fertigkeiten.

Darüber hinaus leistet die Ergotherapie einen signifikanten Beitrag zum Symptommanagement. Sie unterstützt die ärztliche Schmerztherapie durch nicht-medikamentöse Ansätze wie Lagerungstechniken und Entspannungsmethoden und bietet wirksame Strategien im Umgang mit belastenden Symptomen wie Atemnot oder Fatigue. Nicht zu vergessen ist die wichtige psychosoziale Begleitung, die sowohl den Betroffenen bei der Krankheitsverarbeitung hilft als auch die Angehörigen unterstützt und entlastet. Gerade an der Schnittstelle zur Geriatrie, wo Multimorbidität und spezifische altersbedingte Herausforderungen die Palliativversorgung komplex gestalten, entfaltet die Ergotherapie ihr volles Potenzial.

Die Bedeutung dieser spezialisierten Unterstützung für Betroffene und ihre Familien kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Sie hilft, den verbleibenden Tagen mehr Leben zu geben. Der Erfolg der Palliativversorgung beruht maßgeblich auf dem multiprofessionellen Ansatz, in dem jede Disziplin ihre spezifische Expertise einbringt. Die Ergotherapie füllt dabei eine essenzielle Rolle aus, indem sie den Menschen befähigt, bis zuletzt Akteur seines eigenen Lebens zu bleiben.

Quellen:

FAQ-Sektion

Was ist der Hauptunterschied zwischen palliativer und kurativer Versorgung?

Die kurative Versorgung zielt darauf ab, eine Krankheit zu heilen. Die Palliativversorgung hingegen konzentriert sich auf die Linderung von Symptomen und die Verbesserung der Lebensqualität bei Patientinnen und Patienten mit einer fortgeschrittenen, unheilbaren Erkrankung, unabhängig von der verbleibenden Lebenserwartung.

Welche konkreten Hilfsmittel kann die Ergotherapie in der Palliativversorgung anpassen?

Die Ergotherapie kann eine breite Palette von Hilfsmitteln beraten, auswählen und anpassen, z.B. spezielles Besteck, Trinkhilfen, Anziehhilfen (Knopfhaken, lange Schuhlöffel), Duschhocker, Toilettensitzerhöhungen, Greifzangen, angepasste Rollstühle, Rollatoren oder Kommunikationshilfen. Ziel ist immer die Förderung der Selbstständigkeit und Sicherheit im Alltag.

Wie hilft Ergotherapie bei Fatigue (Erschöpfung)?

Ergotherapie hilft Patientinnen und Patienten mit Fatigue durch sogenannte Energiemanagement-Strategien (Pacing). Gemeinsam werden Tagesabläufe geplant, die Aktivitäts- und Ruhephasen sinnvoll verteilen. Betroffene lernen, ihre Energiereserven realistisch einzuschätzen, Prioritäten zu setzen und Aktivitäten so anzupassen, dass sie trotz Erschöpfung möglich bleiben, ohne zu überfordern. Dies trägt maßgeblich zum Erhalt der Lebensqualität bei.

Ist Ergotherapie auch bei Demenzpatienten in der Palliativversorgung sinnvoll?

Ja, absolut. Gerade bei Patientinnen und Patienten mit Demenz in der Palliativversorgung ist Ergotherapie sehr wertvoll. Sie passt Aktivitäten an die kognitiven Fähigkeiten an, nutzt nonverbale Kommunikation, gestaltet die Umgebung orientierungsfördernd und sicher und kann durch vertraute Tätigkeiten zur Beruhigung beitragen und herausforderndes Verhalten reduzieren.

Werden die Kosten für Ergotherapie in der Palliativversorgung übernommen?

Ergotherapie ist ein anerkanntes Heilmittel und wird in der Regel auf ärztliche Verordnung hin von den Krankenkassen übernommen, auch im Rahmen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) oder in stationären Einrichtungen wie Hospizen oder Palliativstationen. Es ist ratsam, die spezifischen Bedingungen und den Umfang der Kostenübernahme im Einzelfall mit der behandelnden Ärztin bzw. dem behandelnden Arzt und der Krankenkasse zu klären.

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